■ Querspalte: Ein Idiot ist kein Idiot
Also ehrlich: Ich bremse auch für deutsche Verkehrspsychologen! Die sind nämlich voll in Ordnung, richtig süß sind die sogar, schwer fürsorglich und jederzeit antidiskriminierend. Betrachten wir nur mal die Gattung derer, die im Vollsuff mit ihrem Turbo schlangenlinienmäßig bei Rot über die Kreuzung heizen, sich dann auch noch vom Kontaktbereichsbeamten promilleüberschreitend erwischen lassen und folglich zur medizinisch-psychologischen Kraftfahrzeugführerscheintauglichkeitsuntersuchung antreten müssen. Diese armen Leute – nach Angaben der Bleifüßler vom ADAC sind es 150.000 im Jahr – brauchen als Minderheit unser aller Solidarität. „Idiotentest“ zum Beispiel ist ein abscheulich diskriminierender, menschenverachtender Begriff für die ohnehin bürdevolle medizinisch-psychologische Kraftfahrzeugführerscheintauglichkeitsuntersuchung. Deshalb hat der deutsche Verkehrspsychologenverband diesem Unwort „den Kampf angesagt“ (dpa). Niemand werde hier zum Deppen abgestempelt, donnert Sektionschef Professor Kroj, und es würden auch keine Schwachsinnigen untersucht.
Der Mann hat recht! Es geht hier nicht um Intelligenz, sondern um die Beantwortung eines Fragebogens, um ein gutes Gespräch und – um die Leberwerte. Die werden im Rahmen eines kleinen Gesundheitscheckups gleich mit erhoben. Der Alkoholiker-TÜV als Rundum-Sorglos-Paketservice für chronisch Oktoberfestgeschädigte.
Außerdem hören wir: Die Kraftfahrzeugführerscheintauglichkeitsuntersuchung sei „ein Angebot des Psychologen an die Autofahrer“. Nett gesagt! Genauso wie der Knast ein Angebot des Richters an den Angeklagten ist und die Zwangsvollstreckung ein Angebot des Finanzamts an den Steuerzahler.
Wir sehen, der deutsche Verkehrspsychologe tut mancherlei, um „irrationale Ängste“ abzubauen. Bange machen gilt also nicht: Saufen Sie sich ruhig einen an! Wollten Sie nicht sowieso mal wieder Ihre Leberwerte kontrollieren lassen? Manfred Kriener
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