Ein Frosch verweigert sich

■ Chriss Bieger und Mark „Als Begleiter immer Zweiter“ Lüdicke zeigen im Jungen Theater ihren „Anfang vom Anfang“

Vom kleinen grünen Frosch aus gesehen erscheint die Welt riesig groß – singt Chriss Bieger zusammen mit ihrer Handpuppe („du bist so kalt, du bist so grün“), einem Amphip, das sich weigert, Prinz zu werden. Denn die große Welt ist voller Liebe und Angst, Aggressivität und Versagen. O je.

Chriss Bieger, seit Jahren in der Bremer Jazz-Szene aktiv, arbeitet seit zweien davon mit dem Pianisten und Komponisten Mark Lüdicke zusammen. Ihre gemeinsamen Lieder erzählen von Beziehungsunfähigkeit, vom schönen Schein und vom Leben ohne Rückgrat. Ohne den moralischen Zeigefinger, sondern so wie bei Hermann van Veen – der es schaffe, Lieder zu machen, die keiner Erklärung bedürfen, sagen die beiden.

„Der Anfang vom Anfang“ ist eigentlich kein richtiger Chanson-Abend. Das soll er auch nicht sein, schließlich ist der Begriff Chanson nur eine Notlösung für das Programm des Duos Bieger-Lüdicke. Die beiden suchen sich interessante Texte, greifen sich das, was ihnen gefällt. Heraus kommt eine bunte Mischung aus Eigenkompositionen, Texten von Charlotte Bodzin, Liedern von Ulla Meinecke oder Rio Reiser. Oder ein Putzfrauen-Rap auf hessisch, begleitet von der Bontempi-Orgel. Chriss Bieger und Mark Lüdicke haben den klassischen Chanson-Abend uminterpretiert. Die beiden treten als Duo nebeneinander auf, die Musik ist nicht bloß Begleiterin des Gesangs sondern gleichwertiger und eigenständiger Bestandteil des Abends. Ganz spielerisch rückt sich Mark Lüdicke dann auch ins Rampenlicht, wenn er leicht provozierend singt: „Als Begleiter immer Zweiter.“

Manches ist witzig und nachdenklich, anderes wirkt bemüht. Und ein wenig entsteht der Eindruck, dass die dunkle und sinnliche Stimme Chriss Biegers mehr Leidenschaft in die schnellen Stücke legt. Bei den langsamen Liedern fällt ein Sich-Einlassen manchmal nicht so leicht.

Aber das liegt vielleicht an der stickigen Atmosphäre im Güterbahnhof oder daran, dass imme dann (ungefähr alle 20 Minuten) draußen ein Zug vorbeifährt, wenn Criss Bieger gerade ihre Stimme senkt oder Mark Lüdicke das Lied am Piano im piano ausklingen lässt.

Trotzdem: ein abwechslungsreicher Liederabend. Und der Anfang vom Anfang, das ist dann, wenn man gar nichts mehr weiß, singt Chriss Bieger, jenseits von Freiheit oder Einsamkeit, Entwicklung oder Niederlage. Claudia Plass

Heute um 23 Uhr, Sa/So jeweils 20.30 Uhr im Güterbahnhof, Tor 43. Karten gibt's unter Telefon 0421/700 141