Ein Film wird Wirklichkeit: Der Visionär
Der Hamburger Regisseur Fatih Akin erzählt in seinem Film "Soulkitchen" eine Geschichte, die nun von der Realität eingeholt wird.
Ein gutes Gespür für brisante Stoffe der Gegenwart hatte der Hamburger Regisseur Fatih Akin schon öfter. In „Gegen die Wand“ beispielsweise erzählt er die Geschichte eines Hamburger Pärchens mit türkischen Wurzeln, deren Beziehung zwischen türkischen und deutschen Konventionen aufgerieben wird. In „Soul Kitchen“ geht es um das Thema Gentrifizierung: Akins Komödie ist kein großer cineastischer Wurf – aber die Geschichte aus dem Jahr 2009 ist nach wie vor thematisch aktuell. Und zudem verblüffender Weise in einigen konkreten Punkten Wirklichkeit geworden.
Der Film erzählt vom Restaurant „Soul Kitchen“, das der sympathische Anti-Held Zinos Kazantzakis in einer alten Lagerhalle im Hamburger Stadtteil Wilhelmsburg eröffnet. Das Restaurant am Rande der Stadt entwickelt sich zum Szene-Treffpunkt und macht einen Immobilienmakler auf sich aufmerksam. Der riecht das große Geld, will die alte Lagerhalle kaufen, plattmachen und das Grundstück vermarkten – was ihm zunächst auch gelingt.
In der Realität haben Wilhelmsburger Bewohner die Wilhelmsburger Lagerhalle, in der „Soul Kitchen“ gedreht wurde, zu einem Ort für nicht-kommerzielle Kulturveranstaltungen gemacht. Seit 2010 gab es dort an rund 250 Abenden zum Selbstkostenpreis Konzerte, Tanz, Diskussionen und Ausstellungen. Seit 2011 ist bekannt, dass der Eigentümer der Halle, die Hamburger Finanzbehörde, das Gebäude abreißen und die Fläche vermarkten will.
Zugespitzt hat sich die Situation am vergangenen Freitag: Wegen mangelndem Brandschutz und fehlender Fluchtwege verbot das Bezirksamt Hamburg-Mitte mit sofortiger Wirkung, in der Halle Veranstaltungen durchzuführen. Filmregisseur Fatih Akin hat dazu natürlich eine Meinung. In der Mopo äußerte er Verständnis für die Behörden, fand aber auch, sie sollten den Soul-Kitchen-Betreibern eine Chance geben – „damit der Soul in Wilhelmsburg nicht verstummt“.
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