: Eigenbedarfskündigung erschwert
■ Urteil des Bundesverfassungsgerichts: Vermieter müssen bei Kündigung schwerwiegende persönliche Gründe angeben/ Die Formulierung „Eigenbedarf“ reicht für einen Rausschmiß nicht mehr aus
Karlsruhe (afp) — Vermieter, die eine Wohnung wegen Eigenbedarfs kündigen wollen, müssen im Kündigungsschreiben alle wichtigen persönlichen Gründe offenlegen, die für ihr Interesse an der Wohnung sprechen. Dies hat das Bundesverfassungsgericht (BVG) in Karlsruhe gestern entschieden. Nach Auffassung des Ersten Senates müssen Vermieter bei Kündigungen die Einschränkung ihrer allgemeinen Persönlichkeitsrechte hinnehmen. Die Richter betonten jedoch, daß der Vermieter nicht verpflichtet ist, Daten aus seinem persönlichen Lebensbereich mitzuteilen, wenn diese für einen möglichen Widerspruch des Mieters nicht von Bedeutung sind. Das BVG wies damit die Verfassungsbeschwerde eines Wohnungseigentümers gegen eine Entscheidung des Landgerichts München ab (Aktenzeichen: I BvR 1319/91).
Der Beschluß erging aufgrund der abgewiesenen Räumungsklage eines Wohnungsbesitzers, der seiner Mieterin in München wegen Eigenbedarfs gekündigt hatte. In dem Kündigungsschreiben hieß es, er wolle die Wohnung selbst beziehen, weil er derzeit in nur einem Zimmer zur Miete wohne und über keine eigene Toilette verfüge. Das Münchner Landgericht wies die Räumungsklage jedoch zurück, weil das Kündigungsschreiben „unbegründet und nicht ausreichend“ sei. Die bei der Verhandlung vom Vermieter zusätzlich vorgebrachten Argumente blieben unbeachtet, denn laut Gesetz durften nur die im Kündigungsschreiben angegebenen Gründe berücksichtigt werden. Der Wohnungsbesitzer hatte nachträglich geltend machen wollen, daß er zwar noch ein Haus in 75 Kilometer Entfernung von München besitze. Er könne es jedoch nur an den Wochenenden nutzen, weil die einfache Fahrzeit zu seinem Arbeitsplatz eineinhalb Stunden betrage. Man könne von ihm nicht fordern, entweder seinen Wohnbedarf in einem angemieteten Zimmer mit 16 Quadratmetern zu befriedigen oder eine so lange tägliche Fahrzeit in Kauf zu nehmen.
Die Verfassungsrichter bestätigten jedoch die Münchner Entscheidung. Der bei einer Kündigung vom Gesetzgeber vorgesehene Begründungszwang mache die Offenbarung der persönlichen Verhältnisse für den Vermieter „unumgänglich“. Er müsse diese Einschränkung, über personenbezogene Daten selbst zu bestimmen, „im überwiegenden Allgemeininteresse“ hinnehmen.
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