: Ehrliche Rastahaut
■ Der legendäre Sing-Jay U-Roy gastiert mit medizinischer Infusion in der Fabrik
Wie man zuletzt bei „Lost in Music“ hören konnte, entwickeln Toaster einen eigenen Stil, der dann von anderen nachgeahmt und den Erfinder für eine Saison ins Gespräch bringt, während sich die Sänger, die sich der Gefühlspolitik widmen, in Jamaika länger halten. Der freundliche Sänger U-Roy ist schon seit knapp 30 Jahren im Geschäft und konnte deshalb seine letzte Tour mit gutem gewissen „The Originator“ betiteln.
Dem Dub-Erfinder King Tubby lieh er seine in Vokal-Formationen geschulte Stimme und schuf sich in den frühen 70er Jahren mit seinem sanften, gesangsorientierten Stil eine beständige Fan-Gemeinde. In den 80ern wurde es dann still um den bärtigen Sing-Jay, bis sich der Mad Professor mit seinem recht reduzierten Stil des Altmeisters annahm.
In seinem Londoner Ariwa-Studio verpaßte der Professor der, auch schon wieder in die Jahre gekommenen, aktuellen Platte True Born African ein recht reduziertes Korsett aus entspannten Dubs. Dabei hat der auch Daddy genannte Sänger, dessen Markenzeichen der weiße Hut war, ein Alter erreicht, in dem er sich nach getaner Arbeit auch mal zurücklehnen und seinen Frauenchören lauschen darf. Nebenbei verbreitet der überzeugte Rasta ohne Aufregung die zentralen Issues seines Glaubens. Weit entfernt von Fanatismus erzählt U-Roy gemütlich von Babylon, das fallen wird und dem „True Born African“, aber auch von der Ghetto- Jugend in Kingston.
Allerdings bleibt abzuwarten, ob man dem inzwischen über 50jährigen Papa seinen einzigen richtigen Hit „Just Another Girl“ noch wird abkaufen können. Außerdem werden die zurückhaltenden Versions des Professors live, wie üblich bei Reggae-Acts, von der stammelnden Band aus dem Freundeskreis wohl gehörig aufgeblasen. Dennoch versprechen U-Roys freundliche Auftritte neben ihrer Geschichtsmächtigkeit immer eine Verlängerung einer Easyness, die einen in die Ferien entläßt.
Volker Marquardt
Mo, 28. 8., Fabrik, 21 Uhr
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