: Ehrenwortgerede ohne Sinn
betr.: „Macchiavelli & Ypsilanti“ von Micha Brumlik, taz vom 29. 2. 08
Der Beitrag von Micha Brumlik irritiert, weil der Autor sonst eher fortschrittliche Sichtweisen formuliert. Bis dato scheint er aber bezüglich der Genderdebatten in stereotypen patriarchalisch-männlichen Sichtweisen hängen geblieben zu sein. Denn drei Spalten lang über Macchiavelli und Wortbrüche zu philosophieren, ist schon harter Tobak. Allein die Assoziationskette, die er aufmacht entlang dem Motto „Ein Mann, ein Wort“ erinnert stark an alte (männliche) Indianer/Cowboy-Fantasien und trieft vor ärgerlich moralinem Männergeschwafel über patriarchalisches Herrschaftsdenken, welches er ausgerechnet auf eine überraschend erfolgreiche Wahlgewinnerin in Hessen projiziert.
Auch wenn mann sich auf die innere Logik seiner Argumentationskette einlässt, ergibt dieses Ehrenwortgerede keinen Sinn: Denn in erster Linie hat Frau Ypsilanti zusammen mit der SPD, den Grünen und den Linken gegen Roland Koch und für eine Ablösung seiner Politik gekämpft und ist angetreten mit dem Oberziel, die bestehende Regierung abzulösen. Dies war im hessischen Wahlkampf die Maxime und ihr vorrangiges Wahlversprechen. Dass sich eine wirkliche und überfällige Politikablösung de facto nur mit der Unterstützung der Linken realisieren lässt, hat nun mal das Wahlergebnis mit sich gebracht und liegt nun nicht in der Verantwortung von Frau Ypsilanti. Auch wenn sie im Wahlkampf gesagt haben sollte, dass sie sich nicht mit den Stimmen der Linken (wobei sie ja deren Zustimmung de facto gar nicht verhindern kann) zur Ministerin wählen lassen will, so leitet sich dieses Ziel doch erst nachfolgend aus dem Oberziel ab, Ministerin werden zu können. Selbst wenn mann das Wort „Ich setze alles daran, Koch abzulösen“ und „Ich will nicht mit den Linken zusammenarbeiten“ gleichwertig erachtet, so ergibt sich schlichtweg ein Dilemma. Und ein Dilemma ist immer (individuelle) Abwägungssache, wofür es keine universellen Antworten geben kann.
Die innere Logik wieder verlassend, muss sich Herr Brumlik aber fragen lassen, ob das Kriterium „Wortbruch“ an die Politikgeschäfte anzulegen nicht grundsätzlich albern ist. Ärgerlich bleibt, dass solche Kommentare und Meinungen Menschen wie Frau Metzger den Nährboden ihres Handelns liefern. STEFFEN KANIS, Berlin