Ehemann köpft Ehefrau: Eine Frage der Ehe

Nach der grausigen Tötung in Berlin-Kreuzberg kann man über männliche Gewalt, Muslime oder sonst was diskutieren. Wie wär's mit der Institution Familie?

Es gibt keinen gefährlicheren Ort für eine Frau, die sich trennen will, als das eigene Heim. Bild: C/L / photocase.com

Unbeeindruckt von Sodom und Gomorra im heimischen Vatikan, predigte Papst Benedikt am vergangenen Sonntag vor fast einer Million Gläubigen in Mailand. Anlass: Das Weltfamilientreffen der katholischen Kirche. Das passenderweise auf italienisch „Papa“ genannte Oberhaupt pries dabei die auf der Ehe von Mann und Frau gegründete Familie. Diese – und nur diese – Paare sollten sich ehren und mehren. Indem sie die Ehe lebten, sagte Benedikt, schenkten sich die Eheleute das Leben.

Ein paar Stunden nach diesem Event, gegen 1 Uhr am Montagmorgen, alarmieren Nachbarn in Berlin-Kreuzberg die Polizei. Ehekrach bei den Nachbarn, man habe Angst gehabt, dass etwas passiert. Um 1.15 Uhr hat Hassan A. seine Frau Semanur S. schon umgebracht, er hält ihren Kopf „hoch wie ein Trophäe“ (BZ). Dann wirft er ihn zusammen mit anderen Teilen der zerstückelten Leiche in den Hof des Hauses. Die sechs Kinder des Paares, die sich in der Wohnung aufhalten, bleiben unverletzt. Der Mann wird festgenommen, gesteht später die Tat, bereut sie aber nicht.

Ziemlich genau zwei Jahre zuvor, am 13. 7. 2010, titelt der Münchner Merkur auf seiner Webseite: „Familiendrama in Viechtach: Mann erschießt Ehefrau“. Was war geschehen? Hatte, wie der Begriff Drama doch nahelegt, die Frau ihren Mann angegriffen und er sich nicht anders zu helfen gewusst, als sie zu erschießen? Oder hatte er – tragisch, tragisch – bei Schießübungen im heimischen Hobbykeller die falsche Wumme gewählt, sodass ein großkalibriges Geschoss die Wand zur Waschküche durchschlug, wo seine Gattin gerade die Kochwäsche einfüllte?

Oh nein, es ist schlichter: „Die 46 Jahre alte Frau und der 49 Jahre alte Mann waren nach ersten Erkenntnissen der Polizei ein Ehepaar.“ Das Drama, das landläufig immer noch Familiendrama heißt, ist gar keines. Es ist der Mord eines (Ehe-)Mannes an (s)einer (Ehe-)Frau.

Der gefährlichste Ort für eine Frau

Der Kommunist und Schriftsteller Georg K. Glaser hat mal gesagt: Die einzige Internationale, die funktioniere, sei die Polizei. Die Internationale der Ehemänner, die Ehefrauen umbringt, scheint dem zu widersprechen. Einen gefährlicheren Ort für eine Frau als den allein mit „ihrem“ Mann in der gemeinsamen Wohnung gibt es nicht – vor allem, wenn sie ihm dort mitteilt, dass sie die Absicht hat, sich von ihm zu „trennen“.

Wer diesem Phänomen sarrazinesk begegnen, also männlich-genetische oder kulturelle (Migranten, Muslime, Niederbayern) Gründe in Feld führen möchte – nur zu. Ehen allerdings sind immer Zwangsgemeinschaften, die insbesondere unter ökonomischem Druck regelmäßig zu Tötungsgemeinschaften werden. Wer vom Killer reden will, darf von der Liebe nicht schweigen.

Niemand gehört irgendwem – zumindest nicht ohne Risiko. Es gibt Millionen Menschen, die als Kinder Mama und Papa im Endkampf in der Einbauküche haben stehen sehen. Schon bei Adam und Eva war der Apfel vergiftet. Die katholische, die klassische, die Kleinfamilie ist schon lange tot – besser als die, die tötet, ist das allemal. Und hey: Wo hätte man konsequenter diese Erkenntnis in die gelebte Realität umgesetzt als im Vatikan.

Update 06.06.: In einer früheren Version des Teasers für diesen Artikel war von „Mord“ die Rede. Tatsächlich wird dem verdächtigten Ehemann aus Berlin Totschlag vorgeworfen.

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