: Egal wie, Hauptsache, die Quote stimmt
BERNHARD ENGEL, ZDF
Bernhard Engel wusste, dass es so kommen würde. „Die 30 Millionen werden bei diesem Halbfinalspiel geknackt, darauf verwette ich eine Champagnerflasche“, sagte der ZDF-Medienforscher vor dem Spiel gegen Spanien. Die Champagnerflasche dürfte Engel bereits entkorkt haben. Einziger Wermutstropfen: Den neuen Quotenrekord hat die Konkurrenz aufgestellt: durchschnittlich 31,10 Millionen Zuschauer. Die ARD übertraf damit die bisherige Bestmarke von 29,66 Millionen beim WM-Halbfinale 2006 zwischen Deutschland und Italien.
Eigentlich schauen in Deutschland noch viel mehr Menschen Fußball, aber nicht alle halten 90 Minuten durch. Der neue Quotenrekord bezieht sich auf die durchschnittliche Sehdauer: Jemand, der nur mal kurz einschaltet, wird als solcher erfasst. „Wenn jemand erst zur zweiten Halbzeit einschaltet, ein anderer aber nach der ersten Halbzeit beschließt, nicht weiterzugucken, gehen diese beiden Menschen als eine Person in die Statistik ein“, erläutert Engel.
Außerdem gibt es Fernsehzuschauer, die gar nicht erfasst werden: „Wenn wir über Quoten reden, dann müssen wir immer dazu sagen, was wir alles nicht messen“, sagt Engel. „Wir messen nicht in Hotels, nicht in Krankenhäusern und Altenheimen, weil das technisch nicht möglich ist.“ Auch Nicht-EU-Bürger, die in Deutschland leben, fallen aus der Statistik, die von der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) erhoben wird, denn die Stichprobe stammt aus der Bundeswahlstatistik. Und auch Internetfernsehen wird bisher nicht gemessen. 5.640 Haushalte sind in Deutschland mit einem GfK-Meter ausgestattet. Dieser übermittelt die Sehgewohnheiten der Haushaltsmitglieder an die GfK, die daraus die Quoten und Marktanteile für die einzelnen Sender hochrechnet.
Josef Hackforth, Professor für Sportkommunikation an der TU München, schätzt, dass sogar mehr als die Hälfte aller Menschen in Deutschland das Spiel gegen Spanien gesehen haben: „Public Viewing, Private Viewing – all das muss noch hinzugerechnet werden.“ Das Spiel gegen Argentinien am Samstag haben ungefähr 15,12 Millionen Zuschauer auf Großleinwänden oder in Kneipen verfolgt, wie das ZDF mit einer Zusatzbefragung herausfand. Einfach hinzuaddieren kann man diese Zahlen zu den GfK-Einschaltquoten nicht, denn die repräsentative Umfrage des ZDFs hat eine ganz andere Berechnungsgrundlage. Genau sagen lässt sich also nicht, wie viele Menschen Fußball gucken.
Das ZDF überträgt das Finale am Sonntag. Wäre Deutschland ins Finale gekommen, hätte Bernhard Engel die ARD vom Quotenthron geschubst. Trösten wird ihn, dass das ZDF zumindest beim werberelevanten Marktanteil triumphiert: 89,2 Prozent beim Viertelfinalspiel gegen Argentinien – das sind 9 von 10 Zuschauern, die ihren Fernseher eingeschaltet hatten. LENA KAMPF