Editorial: Der neue Lutz
Von unserer Redaktion
Um frustrierte Reisegäste zu besänftigen, hat die Deutsche Bahn einen Power-Satz in der Hinterhand: „Wir danken allen Reisenden für ihr Verständnis und ihre Geduld.“ Weder Geduld noch Verständnis mehr hatte jüngst Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder (CDU), der verkündete, dass Bahnchef Richard Lutz seinen Posten räumen muss. Zumindest demnächst, denn noch ist kein Nachfolger gefunden.
Von Lutz, 2017 angetreten als „Rationalisierer, Privatisierer und Sesselwärmer“, so Kontext-Autor Winfried Wolf damals, wird nicht viel in Erinnerung bleiben, vielleicht aber der Satz, dass er finster entschlossen sei, Stuttgart 21 fertig zu bauen. Hat wieder nicht geklappt. Ob der nächste Kandidat mehr Glück hat?
Überhaupt: Wer wird nun der neue Lutz? Diverse Medien spekulieren sich die Köpfe heiß, Namen wie René Obermann (Manager) oder Volker Wissing (Ex-Verkehrsminister) oder der jetzige DB-Technikvorstand Berthold Huber machen die Runde. Weswegen wir bei Kontext nach akribischer Kaffeesatzleserei eine eigene Kandidatenliste erstellt haben:
1.Jörg Pilawa. Der Hanseat hat eine ähnliche Frisur wie Lutz, kann gut Fragen stellen („Quizduell“, „Rette die Million“) und ist bestens vernetzt (Julia Klöckner). Darüber auch gute Kontakte zu Nestlé, wovon die DB-Bordgastronomie profitieren könnte.
2.Horst Seehofer, CSU. Kontext fordert seit Jahren, dass endlich mal ein echter Eisenbahner das Amt übernimmt. Der frühere bayrische Ministerpräsident verbringt seit Jahren jede freie Minute mit seiner Modellbahnanlage (Märklin Halb-Null) im Hobbykeller.
3. Ein Triumvirat aus Christoph Gröner (CDU-Spender), Ronald Pofalla (CDU) und Günther Oettinger (CDU). Der aus Karlsruhe stammende High-End-Pleitier Gröner könnte demnächst viel freie Zeit haben, weil er für gleich sechs seiner Firmen Insolvenzanträge gestellt hat. Pofalla und Oettinger hatten hohe Posten bei Gröner-Unternehmen und verfügen über Key Skills wie Öffentliche-Gelder-zuschustern und Käs‘ schwätzen (Oettinger) und Schon-mal-Bahn-Technikvorstand-gewesen-sein (Pofalla).
4. Andi Scheuer, CSU. Zugegeben, die naheliegende Idee. Schon „Der Postillon“ hat den legendären Ex-Minister als neuen DB-Chef ausgemacht – vergisst aber eine zentrale Zusatzqualifikation von Passaus größtem Sohn. Seit 2022 ist er Vorstand des Vereins „Asienbrücke“, was ungeahnte Synergien für künftige Großprojekte freisetzt: der neue Orient-Express, die wahre neue Seidenstraße (Peking–Passau–München) oder die neue Bagdadbahn.
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