: Edelrandgruppe - betr.: "Die Hochzeit des Jahres" und taz-Kommentar vom 23.6.1997
Traurig, daß Silke Mertins ihre Berichterstattung über den Hamburger CSD auf das Buhlen der Homo-Partei-Funktionäre um WählerInnenstimmen von Schwulen und Lesben reduziert und sich damit willig für den Wahlkampf instrumentalisiert.
Auch wenn Monika Griefahn eine schlechte Politikerin und Umweltministerin ist, hat sie doch mit ihrer Bezeichnung der Schwulen als „Edelrandgruppe“recht, zumindest wenn sie das beschreibt, was Homo-FunktionärInnen und Partei-Homos in der Öffentlichkeit präsentieren. Hier wird in der Tat Klientelpolitik für gut verdienende Mittelstands-Homos gemacht. Es geht um das Einfordern von Privilegien, statt die auf Ausgrenzung und Ausbeutung basierende Klassengesellschaft in Frage zu stellen. Daß Anpassung an den „modernen“kleinbürgerlichen Lebensstil der Preis für die Akzeptanz von Homosexuellen ist, wird hierbei gerne aus dem Blick verloren. Die Forderung muß lauten: „Bleiberecht für alle“und nicht nur für die „nichtdeutschen Parts binationaler Paare“.
Auch in Bezug auf die Homo-Ehe wird das Pferd von hinten aufgezäumt: Anstatt die staatlich geförderte Hetero-Ehe als überkommene Institution patriarchaler Herrschaft anzugreifen und die Abschaffung von Privilegien für derartige Lebensgemeinschaften zu fordern, möchten Homo-FunktionärInnen diese Privilegien lieber für sich selbst auch in Anspruch nehmen. Daß Schwule und Lesben, die sich lange auf die Opfer des NS-Regimes bezogen haben, sich statt dessen solidarisch mit heute in der BRD-Gesellschaft verfolgten Minderheiten erklären oder gar die Strukturen der Ausgrenzung aufzeigen und angreifen, ist wohl zuviel verlangt. Übrigens sind auch Voscherau und Sager ausgebuht worden. Schwule Baustelle
Betr.: „Die Politik der Nadelstiche“, taz hamburg vom 5.7.97
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