EZB kauft spanische Staatsanleihen: Rajoy atmet auf
Die Entscheidung der EZB, spanische Anleihen zu kaufen, sorgt für Entspannung im Land. Kanzlerin Merkel verzichtet bei ihrem Besuch auf Kritk.
MADRID taz | Spaniens Regierungspräsident Mariano Rajoy wurde erhört. Die Europäische Zentralbank (EZB) kauft Staatsanleihen und gibt dem krisengeschüttelten Land damit wieder eine Perspektive. Kurz vor der Pressekonferenz zum Besuch von Bundeskanzlerin Angela Merkel gestern in Madrid war die Nachricht der EZB gekommen und der spanische Ministerpräsident wirkte sichtlich erleichtert, hatte er doch seit Monaten genau dies gefordert.
Doch darüber ob, wie und wann Spanien den Aufkauf beantragt, schwieg sich Rajoy gestern aus. „Sobald ich Neuigkeiten habe, teile ich sie Ihnen mit“, gab er eine für ihn typische Antwort. Auch über neue Bedingungen, die an eine solche Hilfe geknüpft sein könnten, gab es keine Antwort. Rajoy und Merkel beschränkten sich darauf, die bereits eingeleiteten Sparmaßnahmen und Reformen zu loben und um Vertrauen für Spanien und den Euro zu werben.
Wer kritische Worte von Merkel zur EZB-Entscheidung erwartet hatte, sah sich enttäuscht. Sie beschwor die Unabhängigkeit der EZB bei „der Überwachung der Geldwertstabilität“. Allein die Möglichkeit des Kaufs von Staatsanleihen durch die EZB verringerte den Druck auf Spanien erheblich. Am Morgen vor der EZB-Sitzung in Frankfurt nahm Madrid 3,5 Milliarden Euro an den Märkten auf.
Für Staatsanleihen mit vierjähriger Laufzeit musste Spanien 4,6 Prozent Zinsen akzeptieren. Das sind 1,3 Prozentpunkte weniger als noch bei der vorhergegangenen Versteigerung. Für Pfandbriefe mit drei- und zweijähriger Laufzeit sanken die Zinsen gar um 1,4 und 1,9 Prozentpunkte.
Zinsen sind gesunken
Auch beim Handel mit bereits ausgegebenen Staatsanleihen auf dem Sekundärmarkt sanken die Zinsen. Der Unterschied zu deutschen Pfandbriefen lag gestern nur noch bei 4,7 Prozentpunkten. Im Juli waren es noch 6,5 Prozentpunkte. Genau bei diesem Handel mit Staatsanleihen auf dem Sekundärmarkt will die EZB eingreifen, um die Spekulation zu bekämpfen.
Allein dieses Jahr braucht Spanien 66 Milliarden Euro, um die Schuldendienste zu bedienen. 78 Prozent davon hat Spanien im Laufe des Jahres bereits aufgenommen – zum Teil zu unerträglichen Zinssätzen. Die ständig steigenden Zinsen haben denn auch einen Großteil der Kürzungen im Staatshaushalt aufgebraucht.
Die Staatsverschuldung lag zu Beginn der Krise 2008 bei nur 40 Prozent. Ende 2011 waren es bereits knapp 70 Prozent. Das Eingreifen der EZB soll diesen Druck lindern. Vor allem die Kassen der Autonomen Regionen Spaniens sind leer. Vier Regionalregierungen haben Madrid bereits um milliardenschwere Hilfspakete gebeten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Auflösung der Ampel-Regierung
Holpriger Versuch endgültig gescheitert
+++ Ampelkoalition zerbricht +++
Lindner findet sich spitze
Auflösung der Ampel-Regierung
Drängel-Merz
Ampelkoalition zerbricht
Scholz will Vertrauensfrage stellen
Die Wahrheit
Lindners Plan
Trumps Sieg bei US-Präsidentschaftswahl
Harris, Biden, die Elite? Wer hat Schuld?