: EXPO ade? Bonn will nicht zahlen
■ Ministerpräsident Schröder stinksauer /
Wie das Eis in der Sonne beginnen die Träume Hannovers von der ersten deutschen Weltausstellung zur Jahrtausendwende dahinzuschmelzen. In Bonn wird der Ruf nach einem Ausstieg aus der Expo 2000 unüberhörbar. Angesichts der finanziellen Sorgen, will in Bonn von der Weltausstellung kaum noch jemand etwas wissen. Niedersachsens Ministerpräsident Gerhard Schröder, derzeit „stinksauer“ auf die Bundesregierung, setzt seine letzten Hoffnungen auf ein rasches Gespräch mit dem Kanzler. Schließlich hat der Bund die Expo bis vor kurzem noch voll unterstützt.
Gerade ein Jahr ist es her, als die niedersächsische Landeshauptstadt sich mit hauchdünner Mehrheit vor der Generalsversammlung des Pariser Weltausstellungsbüros gegen Toronto (Kanada) durchsetzte. Eingefädelt hatte dies lange vor der deutschen Einheit mit hohem persönlichen Engagement die CDU-Politikerin Birgit Breuel, einst Finanzministerin in Niedersachsen, heute Treuhand-Chefin in Berlin. Die Verlagerung ihres persönlichen Engagements nach Ost- Deutschland spiegelt die Hauptursache für die aktuellen Wirren um die Expo wieder.
Die Probleme, die die deutsche Einheit mit sich bringt, beherrschen nahezu sämtliche Entscheidungen der Bundespolitik. Sie verursachen vor allem immense Kosten. Folglich ging aus dem Kabinett der Bundesfinanzminister Theo Waigel am Mittwoch als erster in die Offensive und lehnte eine Milliarden-Beteiligung des Bundes an der Expo ab. Die FDP stößt in Bonn ins gleiche Horn. Daß dabei mit leicht überhöhten Summen argumentiert wird, ändert kaum etwas an den Motiven. Runde vier Milliarden Mark, verteilt auf die kommenden zehn Jahre, müßte der Bund nach bisherigen Berechnungen aufbringen. Dazu steht die EXPO noch in direkter Konkurrenz zu den Olymischen Spielen, die im gleichen Jahr möglicherweise in Berlin stattfinden.
In Hannover findet die Weltausstellung im übrigen nicht nur Zustimmung. Bevölkerungsumfragen brachten zwar meist Mehrheiten für die Expo, aber der Anteil der Skeptiker blieb immer sehr hoch. SPD, CDU und FDP hoffen auf einen wirtschaftlichen Anschub für die ganze Region. Die mit der SPD regierenden Grünen sind eher dagegen, unter anderem wegen der befürchteten Verkehrsprobleme oder des Anstiegs bei Mieten und Grundstückspreisen. So würde die rot- grüne Landesregierung mit dem Bonner Abschied von der Expo zumindest ein Koalitionsproblem verlieren.
dpa
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