EUROFACETTEN: Bodenschatz Mensch
■ Gebt Euer Leben für das Überleben unseres Planeten!
Ti rom tom tom, die Trommel ruft — komm! Der Rock ist grau, und das Blut ist rot. Umsonst, umsonst ist der Tod!“ So heißt es in einem Song des Dramatikers Rudolf Otto Wiemer. „Stimmt nicht“, antworten Zyniker darauf. „Der Tod kostet das Leben. Aber bringen tut er nichts.“ Weit gefehlt! Wo Menschen leben, stirbt die Natur. Wo ihre Gebeine begraben liegen, lebt sie wieder auf. Die von den meisten Menschen gemiedenen beschaulichen Ruhestätten unserer Ahnen entwickeln sich zu kleinen Biotopen inmitten feindlicher urbaner Umgebung.
So stießen Botaniker bei ihren Expeditionen auf den Friedhöfen der Stadt Köln zwischen den vor sich hin modernden Leichen auf 459, in Essen auf 511 und in den Anlagen der Bundeshauptstadt Berlin sogar auf 690 Arten von Farnen und Blütenpflanzen, von denen viele in der Roten Liste als gefährdet aufgeführt werden. Wissenschaftler der nordrhein-westfälischen Landesanstalt für Ökologie, Landschaftsentwicklung und Forstplanung (LÖLF) schreiben den städtischen Friedhöfen eine bisher unbekannte ökologische Funktion zu: die rund 20.000 deutschen Friedhöfe entsprechen immerhin 1,2 Prozent der gesamten städtischen Flächen.
Ebenso artenreich wie die Pflanzenwelt ist auch die Tierwelt. So wurden auf Friedhöfen in Berlin 43 Brutvogelarten nachgewiesen, darunter drei laut Roter Liste gefährdete. Ähnliches gilt für die Säugetiere: 16 Arten wurden in Berlin gezählt. Das entspricht 32 Prozent des mit 50 Arten bezifferten Säugetierbestandes der gesamten Stadt. Darunter sind Fledermäuse, Füchse, Igel, Hasen und verschiedene Mausarten, die versteckt im dichten Buschwerk leben. Steinmarder kommen in parkähnlichen Anlagen vor, und Sieben- und Gartenschläfer finden in höhlenreichen alten Laubbäumen ihren Unterschlupf. Und in den vielfach verstreut liegenden „ungepflegten“ Bereichen des Ohlsdorfer Friedhofs in Hamburg tummeln sich sage und schreibe 224 Schmetterlingsarten.
Die Umweltschützer von Greenpeace oder Robin Wood müssen sich bei ihren Aktionen völlig neu orientieren. Sie sollten nicht mehr gegen, sondern für den Autowahn demonstrieren. Würden dann auch die VerkehrspolitikerInnen umdenken, gäbe es bald keine verkehrsberuhigten Zonen und keine Geschwindigkeitsbegrenzungen mehr. Je mehr Tote wir dadurch erringen, um so mehr Friedhofsflächen müssen bereitgestellt werden, die der Tier- und Pflanzenwelt zugute kommen. Die neue Parole lautet: Gebt Euer Leben für das Überleben unseres Planeten! Lemminge seien Euch ein leuchtendes Vorbild. Peter Huth
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