EU: Paris zeigt Türkei rote Karte
Frankreich legt ein Veto gegen die Aufnahme von EU-Verhandlungen über die Wirtschafts- und Währungspolitik mit der Türkei ein. Das freut nicht nur die CSU
BRÜSSEL taz Ali Babacan zeigte sich gestern als perfekter Gentleman und Diplomat. Lächelnd dankte der türkische Wirtschaftsminister und Chefunterhändler bei den Beitrittsverhandlungen der deutschen Ratspräsidentschaft für ihren Einsatz. Dabei war das Ergebnis aus türkischer Sicht enttäuschend. Drei neue Verhandlungskapitel hatte Deutschland bis Ende Juni mit der Türkei eröffnen wollen. Doch Frankreich legte sein Veto ein. Das Thema Wirtschafts- und Währungsunion wurde von der Liste gestrichen, obwohl die EU-Kommission grünes Licht gegeben hatte.
Im Rat habe es bei "einigen Delegationen Nachfragen zu Sachfragen" gegeben, verklausulierte der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier das französische Veto. Dabei war zu diesem Zeitpunkt bereits bekannt, dass der französische Präsident Nicolas Sarkozy in seinem im Mai angekündigten Vorhaben, den Beitrittsprozess zu stoppen, die erste Runde eingeläutet hatte. Der deutsche CSU-Europa-Abgeordnete Markus Ferber zeigte sich darüber hoch zufrieden. Es sei zwar richtig, dass die Währungsunion nicht zu den acht Bereichen gehöre, die wegen unausgeräumter Streitigkeiten über Zypern eingefroren sind, räumte er freimütig ein. "Die Türkei hat sich keinen Millimeter an die Europäische Union angenähert. Es ist deshalb richtig, einen derart wichtigen Verhandlungsabschnitt nicht zu beginnen."
Scharfe Kritik übte der CSU-Abgeordnete daran, dass die EU nun über Statistik und Finanzkontrolle verhandeln will, "zwei unerlässliche Bereiche", wie Außenminister Steinmeier betonte. Diese Kapitel gehören zwar, wie Ferber einräumt, ebenfalls nicht zur Zollunion und damit nicht zu den eingefrorenen Politikfeldern. "Solch eine feine Unterscheidung wird in Ankara aber sicherlich nicht vorgenommen", ist Ferber überzeugt. "Stattdessen wird jede Eröffnung neuer Verhandlungskapitel als Erfolg gewertet."
In Deutschland ist ihm Beifall für diese Herabwürdigung des Verhandlungspartners, der sich immerhin auf ein einstimmig von der Europäischen Union beschlossenes Verhandlungsmandat berufen kann, gewiss. In Internetforen wird der neue französische Präsident Sarkozy zu seinem Mut beglückwünscht, eine überfällige Wahrheit endlich ausgesprochen zu haben. In diesem Verhandlungsklima klingt die Zusage von Erweiterungskommissar Olli Rehn, unter portugiesischem Vorsitz werde es mit den Verhandlungen "stetig weitergehen", ziemlich hohl.
Dieser Eindruck wird durch einen Blick auf den Verhandlungsstand mit Kroatien noch verschärft. Ohne jede Diskussion eröffnete die EU gestern sechs neue Kapitel mit dem Balkanland. Außenministerin Kolinda Grabar-Kitarovic sieht ihr Land ab 2009 in der EU. Der türkische Unterhändler Babacan kommentierte diese offensichtliche Ungleichbehandlung nicht.
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