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Archiv-Artikel

EU zeigt Eichel Sparstrumpf

EU-Kommission will Bundesregierung zu stärkeren Sparbemühungen zwingen und verlangt 4 Milliarden Euro weniger Schulden für 2004. Minister Eichel will Kommission ausmanövrieren

BRÜSSEL/BOCHUM taz ■ Die EU-Kommission hat gestern in Straßburg mit beschlossen, strengere Sparauflagen von Deutschland zu verlangen. Finanzminister Hans Eichel hatte angekündigt, die Schulden nächstes Jahr um 0,6 Prozent und 2005 um 0,7 Prozent zu senken. EU-Finanzkommissar Pedro Solbes reicht das nicht. Er will, dass zwei Drittel des Sparziels schon nächstes Jahr erreicht werden. Das würde zusätzliche Einsparungen in Höhe von 4 Milliarden Euro nötig machen. „Wir denken, dass Deutschland ein weiteres Jahr Frist bekommen muss. Aber um zu garantieren, dass wir 2005 unter 3 Prozent sind, ist eine stärkere Anstrengung nötig“, erklärte der Kommissar.

Eichel äußerte in Bochum die Hoffnung, mit der EU-Kommission „zu einer gemeinsamen Lösung ohne großen Streit zu kommen“. Es müsse kein offizielles Sanktionsverfahren gegen ein Land geben, „das bisher alle Empfehlungen befolgt hat“, sagte er. In einer Phase der Stagnation dürfe die Finanzpolitik der Bundesregierung allerdings „nicht prozyklisch sein, das heißt die Krise nicht noch verlängern“.

Solbes lobte zwar die Reformpläne der Bundesregierung: „Ich bin zuversichtlich, dass auf Grundlage der Agenda 2010 der deutsche Haushalt konsolidiert werden kann.“ Der Kommissar machte aber klar, dass er sich mit Sparversprechen allein nicht begnügen wird: „Wenn es ausreichen würde, dass ein Land am Tisch sitzt und Erklärungen abgibt, um als kooperativ zu gelten und Sanktionen zu vermeiden, hätten wir einen anderen Pakt.“

Bereits kommenden Dienstag könnte das Thema in Brüssel beim Finanzministerrat für Streit sorgen. Die Minister müssen zunächst über die verschärften Sparauflagen für Frankreich entscheiden. Deutschland hatte angeregt, die alten Empfehlungen aus dem Sommer an die ungünstige Konjunktur anzupassen und damit das im Stabilitätspakt vorgesehene Verfahren um eine Stufe zurückzudrehen. Deutschland, Frankreich und Italien haben das gemeinsame Interesse, die Kommissions-Empfehlungen zu ändern. Zusammen mit Griechenland und Portugal können sie die dazu erforderliche Mehrheit aufbringen.

Ungewöhnlich scharf hat der holländische Finanzminister Zalm gestern das Blockadebündnis der Schuldnerländer kritisiert. Er sprach von einer Doppelmoral: Bei Verstößen kleinerer Länder seien die Entscheidungen in der Vergangenheit „wesentlich forscher“ gefallen.

D. WEINGÄRTNER/RAB