EU will Basteln von Bomben erschweren: Hausgemachte Sprengstoffe
Brüssel finanziert ein Forschungsprogramm, um die Chemikalien in Zahnpasta und Haarbleiche als Zutaten für Sprengstoff unbrauchbar zu machen.
STOCKHOLM taz | Kunstdünger, Zahnpasta, Desinfektions-, Geschirrspül- und Haarbleichmittel: Bestandteile für den Bombenbau kann man im Supermarkt oder in der Drogerie kaufen und die Bauanleitung dazu im Internet finden. "Das wird nie zu verhindern sein", meint die schwedische EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström. "Aber wir wollen es schwerer machen."
Dazu plant Brüssel zum einen, den Umgang mit chemischen Stoffen EU-einheitlich zu regeln. Zum anderen sieht ein von Malmström im September vorgelegter Verordnungsentwurf auch Beschränkungen beim Verkauf großer Mengen oder hoher Konzentrationen "einschlägiger" Chemikalien vor.
Diese Bestimmungen zu umgehen dürfte allerdings nicht allzu schwer fallen. Wirksamer könnte da womöglich ein Forschungsprogramm sein, an dem fünf EU-Länder zusammen mit Norwegen und Israel seit einigen Monaten arbeiten. "Prevail" wird geleitet von Rose-Marie Karlsson, Forscherin am schwedischen Verteidigungsforschungsinstitut FOI.
Der Auftrag: Produkte, die als Zutaten für homemade explosives verwendet werden können, dafür unbrauchbar, aber zugleich für den ursprünglichen Verwendungszweck weiter nutzbar zu machen.
"Ein Haarbleichungsmittel soll also weiterhin die Haare bleichen und der Zusatz sie nicht plötzlich grün färben", nennt Karlsson als ein Beispiel. Doch solle die neue Substanz verhindern, dass das Bleichmittel zu einem Konzentrat zusammengekocht werden könne, das dann – wie vor fünf Jahren bei den Bombenanschlägen in London – für Sprengstoffe verwendet werden kann. Die Ansprüche sind hoch, denn die Zusätze sollen gleichzeitig selbstverständlich ungiftig für Mensch und Natur, biologisch abbaubar und auch noch preisgünstig sein.
Die ForscherInnen sollen sich zunächst auf Wasserstoffperoxid und Aceton als Explosivbestandteile konzentrieren sowie mithilfe von Markern den Nachweis von Ammoniumnitrat durch entsprechende Detektoren erleichtern. Damit hoffen sie, der Industrie am Ende des auf drei Jahre angelegten "Prevail"-Forschungsprogramms für zumindest einen Teil der "einschlägigen" Produkte Lösungsvorschläge präsentieren zu können, die für diese dann auch weltweit akzeptabel sind.
"Auch wenn wir zunächst nur auf Europa zielen, das Problem ist ja global", sagt Karlsson. "Und wir hoffen, dass sich die von uns entwickelten Zusätze durchsetzen." Sie hofft, dass die Produzenten dann von selbst mitziehen. Die Alternative könnte sonst sein, dass der Gesetzgeber bestimmte Produkte einfach verbietet oder Verkaufsrestriktionen einführt: "Und daran dürfte die Industrie ja auch nicht interessiert sein."
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