EU gegen willkkürliche Netzsperren: Grundrecht auf Kommunikation
Die EU spricht sich gegen willkürliche Sperrungen von Internetzugängen durch die Provider aus. Die waren im so genannten "Telekom-Paket" ursprünglich vorgesehen gewesen.
BRÜSSEL taz | Der Plan, dass Provider ihren Kunden bei Strafverdacht den Zugang sperren müssen, ist vom Tisch. Darauf einigten sich Unterhändler der Regierungen und des EU-Parlaments in der Nacht zum Donnerstag.
Eigentlich war das sogenannte Telekom-Paket, mit dem die Binnenmarktregeln im Bereich der Telekommunikation neu gefasst werden, schon im Mai mit großer Mehrheit vom EU-Parlament beschlossen worden. Doch die Frage, unter welchen Bedingungen einem Nutzer der Zugang aberkannt werden kann, war offen geblieben.
In der jetzt beschlossenen Fassung der Richtlinie heißt es, dass bei Strafverfolgung, auch bei kriminellen Handlungen im Netz, die europäische Menschenrechtskonvention uneingeschränkt gilt. Sanktionen wie zum Beispiel Zugangsbeschränkungen müssen also angemessen, verhältnismäßig und notwendig sein. Die Unschuldsvermutung muss ebenso respektiert werden wie der Schutz der Privatsphäre. Wenn Mitgliedstaaten gegen illegale Downloads, Gewaltverherrlichung oder Kinderpornografie im Netz vorgehen wollen, müssen sie sich an rechtsstaatliche Verfahren halten.
Jeder Beschuldigte hat Anspruch auf ein faires und unparteiliches Verfahren sowie eine wirksame und zeitnahe Einspruchsmöglichkeit gegen das Urteil.
Philippe Lamberts, ein belgischer Grüner, der an den Vermittlungsgesprächen beteiligt war, sagte am Donnerstag: "Der Druck hat gewirkt. Ohne die europaweite Protestwelle der Internet-Nutzer hätten wir das nicht hinbekommen. Als Bürger, als Demokrat und als Grüner bin ich glücklich darüber."
Eine Grundversorgung mit Kommunikation sei Teil der menschlichen Grundbedürfnisse wie das Recht auf Wasser oder Energie. Das Recht auf geistiges Eigentum und das Recht auf diese Grundversorgung müssten abgewogen werden. Christian Engström, einziger Abgeordneter der Piratenpartei im Europaparlament, nannte das Ergebnis "einen guten Kompromiss".
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