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Archiv-Artikel

RUTH REICHSTEIN ÜBER SCHENGEN UND DAS DEUTSCHE VETO EU der zwei Klassen

Deutschland hat sich durchgesetzt. Wieder einmal. Der deutsche Innenminister hat laut genug gebrüllt im Vorfeld des Treffens mit seinen Amtskollegen: Rumänien und Bulgarien sollen draußen bleiben aus dem Schengen-Raum.

Es soll weiterhin eine Zweiklassengesellschaft geben innerhalb der EU. Und seine 26 Kollegen sind dem deutschen Vorbrüller brav gefolgt. Es gibt nicht mehr viele Bereiche in der Europäischen Union, bei denen das Prinzip der Einstimmigkeit noch gilt. Aber Schengen gehört dazu. Leider. Und Deutschland nutzt das nun schon seit über einem Jahr aus. Zwar ist es durchaus vorstellbar, dass sich noch ein paar andere Länder hinter dem kategorischen „Nein“ der Deutschen verstecken. Die Niederlande und Österreich geben ihre Skepsis ebenfalls offen zu. Aber die Mehrheit befürwortet den Beitritt – genauso wie das Europäische Parlament. Aber das kümmert die Regierung in Berlin offenbar nicht. Deutschland zwingt den anderen seinen Willen auf. Die Gründe für die erneute Verschiebung des Beitritts – sie dürften nicht zuletzt auch im anstehenden Bundeswahlkampf liegen. Da macht es sich gut, die Regierung als Verteidiger der deutschen Arbeitnehmer zu verkaufen, die gegen eine Einwanderungswelle von verarmten Rumänen und Bulgaren vorgeht. Abschottung ist eben derzeit ein besserer Stimmenfänger als offene Grenzen und Freizügigkeit. Der deutsche Innenminister schürt Ängste. Äußerst bedauerlich, dass ihn in Brüssel dafür niemand in seine Schranken weist.

Bevor sich die 27 Minister in einer offenen Abstimmung blamieren, verschieben sie ihre Entscheidung lieber ganz: Gar keine Abstimmung ist offenbar besser als eine, bei der alle Farbe bekennen müssten und die Spaltung der EU-Länder deutlich würde. Ist das die Demokratie, die die Europäische Union so dringend nötig hat?

Ausland SEITE 14