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EU-US-FreihandelsabkommenDer DGB wird zum TTIP-Gegner

Der Deutsche Gewerkschaftsbund lehnt das Abkommen zwischen der EU und den USA ab. Das müsste besonders SPD-Chef Gabriel ärgern.

TTIP den Marsch geblasen: Musiker bei einem DGB-Festakt Foto: dpa

BERLIN taz | „TTIP und Ceta stoppen“ – das ist die neue Devise des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB). Nach eigenen Angaben vom Donnerstag ist er einem Kreis von Organisationen beigetreten, die im Herbst eine Großdemonstration mit diesem Slogan gegen die geplanten EU-Freihandelsabkommen mit den USA und Kanada veranstalten.

Noch im vergangenen September hatte der DGB in einer gemeinsamen Erklärung mit Bundeswirtschaftsminister und SPD-Chef Sigmar Gabriel TTIP unter bestimmten Bedingungen befürwortet. Dass die einflussreiche Arbeitnehmerlobby das Freihandelsabkommen nun ablehnt, dürfte Gabriel und die traditionell gewerkschaftsnahe SPD unter Druck setzen.

Insgesamt gehören 16 Organisationen zum Trägerkreis des Aktionstages, der am 10. Oktober stattfinden soll. Dabei sind etwa Attac, Brot für die Welt, BUND, WWF und der Deutsche Kulturrat. Zudem wird mit den Initiativen „Stopp TTIP“ und „TTIP Unfairhandelbar“ zusammengearbeitet.

Mit dem DGB nehmen auch seine acht Mitgliedsgewerkschaften teil, darunter IG Metall, IG Chemie und Verdi. Die Organisationen sehen in TTIP eine Gefahr für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. „Es ist höchste Zeit, unseren Protest gegen die Abkommen auf die Straße zu tragen!“, heißt es im Aufruf.

Klares „Nein“

In dem mit Gabriel verfassten Positionspapier vom September hatte der DGB sich noch bereit erklärt, TTIP zu akzeptieren. Voraussetzung war, dass beispielsweise Arbeitsstandards und die Tarifautonomie gewahrt würden. Jetzt lautet die Position des Gewerkschaftsbundes zum Freihandelsabkommen sinngemäß nicht mehr „Ja, aber“ sondern klar: „Nein“.

Dass der DGB eine Demo unterstützt, die sich klar gegen TTIP ausspricht, sieht Bundesvorstandsmitglied Stefan Körzell nicht als Kurswechsel. „Die Anforderungen, die die Gewerkschaften an einen gerechten Welthandel stellen, finden sich in TTIP und Ceta derzeit nicht wieder“, sagt er. „So sind die Abkommen nicht akzeptabel.“

Traditionell sind die Gewerkschaften eine Klientel der SPD. Beide gingen aus der Arbeiterbewegung hervor. Deshalb bleibt die Teilnahme des DGB an der Demonstration gegen TTIP und Ceta wohl nicht ohne Auswirkungen auf die Sozialdemokraten. Zumal die SPD-Basis in der Frage des geplanten Freihandelsabkommen sowieso gespalten ist. Als gezielte Provokation der SPD solle man die Demonstration jedoch nicht verstehen. „Sie richtet sich an die EU-Kommission als Verhandlungspartner“, so Körzell.

Die SPD-Bundestagsfraktion gibt sich vorerst gelassen. „Egal, wie die Gewerkschaften sich positionieren, unsere Bedingungen bleiben gleich“, so eine Sprecherin. Gabriels Wirtschaftsministerium ließ eine taz-Anfrage zunächst unbeantwortet.

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6 Kommentare

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  • WikiLeaks enthüllt Details zu TISA – dem größten und geheimsten Abkommen für den Handel mit Dienstleistungen

    Wikileaks hat heute (Juli 2015) den Inhalt des Kerntextes des internationalen Abkommens über den Handel mit Dienstleistungen (TISA), das von fünfzig Ländern im Geheimen verhandelt wird, veröffentlicht.

    Dieser Geheimvertrag schreibt allen Unterzeichnern Klauseln vor, die vor allem großen multinationalen Unternehmen nützen und auf Kosten der Souveränität und des öffentlichen Interesses der einzelnen Länder geht.Dieser Vertrag zielt unter anderem darauf ab, das Gesundheitswesen, Wasser, Finanzwesen, Telekommunikation+Verkehr zu regulieren.Es fordert auch „Transparenz“,was tatsächlich einer Verpflichtung der Länder gleichkommt,interne Gesetzesentwürfe vorzulegen,bevor sie genehmigt werden dürfen,berichtet das Portal Wiki-Leaks.Frei uebersetzt in USA werden europaeische Gesetzesentwuerfe gebilligt oder abgewiesen

  • Weitere Dokumente des TISA-Abkommens enthuellen das Dienstleistungsabkommen soll das hoch umstrittene Freihandelsabkommen TTIP ergänzen+wird ähnlich intransparent hinter verschlossenen Türen verhandelt.Kritiker befürchten,das mit TiSA Netzneutralität+Datenschutz unterwandert werden. TiSA-Abkommen (Trade In Services Agreement),das zwischen USA,EU+knapp 50 weiteren Staaten geschlossen werden soll,hat zum Ziel Dienstleistungssektoren i/d beteiligten Staaten zu “liberalisieren”.Was freundlich klingt,bedeutet i/d Realität Aushebelung v Arbeitnehmer-Schutzgesetzen,Sozialstandards,Umweltschutzregeln+Möglichkeiten demokratischer+rechtssaatlicher Schutzes der Gesellschaften vor meist skrupellos agierenden Großkonzernen.Unter Finanzdienstleistungen fallen auch Kapitel zum Flug+Schiffsverkehr,Tourismus+Telekommunikation.Das TISA-Abkommen besteht aus TTIP, TPP+TISA

  • Während wirtschaftlichem Freibeutertum zwischen EU+USA m/d transatlantischen TTIP-Abkommen der Boden bereitet werden soll,übernimmt dessen transpazifischer Zwilling TPP diese Aufgabe a/d anderen Seite des Erdballs.TiSA hingegen soll beide Abkommen ergänzen+mit konkreten Regularien zum Dienstleistungssektor füllen.All diese T-Abkommen sind hoch umstritten,da sie nicht nur,fernab jeglicher demokratischer Standards,im Geheimen verhandelt werden,sondern auch transnationalen Konzernen sehr große Macht zuspielen.

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  • Ueber den TTIP werden viele unerwuenschten Auswirkungen im Finanzsektor v USA hineingearbeitet welche fuer EU sehr dramatisch sind.Zockerei wird zum Normalgeschaeft+wenn Banken pleite gehen soll der Steuerzahler das richten.LehmannPleiten werden zum Normalfall.In seinem Buch Der große Ausverkauf – Das TTIP-Komplott-- macht der SZ-Journalist Franz Kotteder das alles deutlich.Die wirtschaftliche Aussichten fuer die EU auf Termin sind so schlecht dass die Politiker den Freihandel verkaufen wollen als Allesloeser.Dabei hat die Politik selbst die desolate Situation zum groessten Teil verursacht+die EU durch NatoKriege+v USA verlangten Sanktionen,in die Isolation getrieben.Durch den TTIP m USA werden zukuenftige internationale Handelsvertraege nahezu unmoeglich+bestehende werden gekuendigt.Weitere Buecher Thilo Bode “Die Freihandelsluege”. Prof. Dr. Fisahn ist der Mitautor des Buches „Die Freihandelsfalle“.

  • 7G
    76530 (Profil gelöscht)

    Silence ist golden!

     

    Eine kluge Entscheidung des Wirtschaftsministeriums, dass es erst einmal schweigt. Viele chronisch kranke Menschen, vor allem Bluthochdruck- und Magenpatient_innen können aufatmen: die Gefahr von hypertensiven Krisen und zunehmendem Brechreiz ist erst einmal gebannt.

    • @76530 (Profil gelöscht):

      Es wäre noch klüger gewesen, wenn der Wirtscahftsminister noch öfter geschwiegen hätte. Pber TTIP hätte er besser ganz und gar geschwiegen. Die letzte kluge Äußerung von ihm liegt zudem so lange zurück, dass ich mich partout nicht daran erinnern kann.