EU-Parlament: Das europäische Wohnzimmer
Im neuen Besucherzentrum von Brüssel sieht man von Europa mehr als die gängigen Bilder. Ein Rundgang im Besucherzentrum des Europäischen Parlaments.
Ganz Europa auf einer Fläche von sieben Handballfeldern – das ist nicht viel Platz. Doch wer einmal ein anderes Bild von Europa sehen möchte als das, welches wir seit Monaten in den Medien serviert bekommen, dem sei ein Ausflug ins „Parlamentarium“, ins neue Besucherzentrum des Europäischen Parlaments, empfohlen.
Schon im Eingangsbereich wird man von der Kakofonie der 23 europäischen Sprachen und einem Schilderwald begleitet, der auf drei Ebenen überraschende und eindringliche Bilder bereithält.
Im Herzen der Ausstellung gelegen, ist das europäische Wohnzimmer der eindrücklichste und nachhaltigste Teil des Parlamentariums. 54 Frauen und Männer aus den 27 EU-Mitgliedsländern erzählen von ihren Erlebnissen mit der Europäischen Union. Und wie sie die Politik, die in Brüssel gemacht wird, daheim in Finnland oder Polen erleben. Da gibt es auch den kleinen Bierbrauer aus Tschechien, der sich beim EU-Parlament für die Reinheit seines Gebräus stark gemacht hat.
Man setzt sich einfach in einen der bequemen Polstersessel in diesem wie ein Wohnzimmer eingerichteten Raum vor einen kleinen Bildschirm, stülpt Kopfhörer über die Ohren und hört ihm zu. Dabei kann der Blick vom Brauer auf das 360-Grad-Panorama rundherum wandern, über das Bilder aus den 27 EU-Ländern laufen. Was nach all den Geschichten und Bildern bleibt, ist die Gewissheit, dass Europa bunt und vielfältig ist, allen EU-Normen zum Trotz.
Ganz ähnlich ist das, wenn man im nächsten Saal mit Bildschirmen auf Rollen über eine 200 Quadratmeter große Europakarte fährt und an einem von 90 Orten stoppt, um über genau diesen Flecken dann einen Bericht in laufenden Bildern oben auf seinem Rolltisch verfolgt. Häufig werden hier Ereignisse geschildert, von denen man bisher kaum eine Ahnung hatte.
Man kann aber auch in einem Schnelldurchgang im EU-Parlament das Geschäft der EU-Abgeordneten verfolgen. Ein weiteres 360-Grad-Panorama fesselt einen mit spannungsgeladener Musik und ausgewählten Debatten-Mitschnitten. Auf seinem eigenen EU-Sitz kann man gleichzeitig an einem Touchscreen exemplarische Fälle durchdringen wie ein Abgeordneter, der nebenbei noch andere Arbeit erledigt. Um das alles zu erfahren, erhält jede und jeder am Eingang eine Art Smartphone, mit dem man sich in der eigenen Muttersprache durch die Ausstellung bewegt.
Für Schulklassen gibt es ein besonderes Angebot: In einem Extraabschnitt schlüpfen die Kinder in die Rolle von EU-Abgeordneten, die von zu Hause ein Anliegen mitgebracht haben. Von der Antragstellung über die Parlamentsdebatte bis zur Pressekonferenz durchlaufen sie den gesamten Prozess. Mehr als 400 Schauspieler aus allen 27 EU-Ländern haben daran mitgewirkt, dass diese Übung in Politik richtig Spaß macht.
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