EU-Parlament zum Umgang mit Roma: Ausweisung stoppen
Das EU-Parlament hat die von Frankreich betriebene Massenausweisung von Roma scharf verurteilt. Die Parlamentarier fordern eine umfassende Integrationsstrategie.
STRASSBURG dpa/afp | Frankreich soll nach dem Willen des Europaparlaments "unverzüglich" die Ausweisung von Roma in ihre Heimatländer stoppen. Diese Massenausweisungen verstießen gegen die EU-Verträge und gegen die Europäische Menschenrechtskonvention, hieß es in einer Entschließung von Sozialdemokraten, Liberalen, Grünen und Linken, die das Parlament am Donnerstag in Straßburg mit 337 Stimmen bei 245 Gegenstimmen verabschiedete.
Die Praxis der französischen Regierung, die seit Jahresbeginn mehr als 8.000 Rumänen und Bulgaren in ihre EU-Heimatländer ausgeflogen hat, sei eine "Diskriminierung aufgrund der Rasse und der ethnischen Zugehörigkeit", hieß es in dem Text. Die Bewegungsfreiheit und das Recht auf freie Wohnwahl innerhalb der EU seien Grundrechte, die die Mitgliedsländer zu achten hätten.
Die Parlamentarier forderten von den Mitgliedsländern und der EU-Kommission eine umfassende Strategie zur Integration der benachteiligten Roma, die in ihren Heimatländern ebenso wie in den Aufnahmeländern zu den Ärmsten der Armen gehören. Vor allem sollte sichergestellt werden, dass die verfügbaren EU-Gelder auch für die konkrete Verbesserung der Lage der Roma eingesetzt würden, zum Beispiel für die Förderung von Wohnbauprojekten.
Die Sozialdemokraten wollen nach Angaben des Österreichers Hannes Swoboda in den nächsten Wochen Delegationen nach Ungarn, Rumänien und in die Slowakei schicken, um die Situation der Roma zu überprüfen.
Nach Ansicht der Konservativen sollten die Lebensbedingungen der Roma in ihren Heimatländern verbessert werden. Vor allem sollten Bildungsangebote und die Gesundheitsversorgung sichergestellt werden, um die Roma-Gemeinschaft besser zu integrieren. Einig war sich die Volksvertretung in der Forderung, eine umfassende EU-Strategie für die Roma auszuarbeiten.
Das Parlament erinnerte auch an das Urteil eines Gerichts im nordfranzösischen Lille, mit dem Ende August die geplante Abschiebung von sieben Roma aus Frankreich verhindert wurde. Das Gericht stellte fest, es sei nicht bewiesen, dass die betroffenen Roma eine Gefahr für die öffentliche Ordnung darstellen.
Außer Frankreich haben auch andere EU-Staaten, darunter Italien, wiederholt Roma-Lager aufgelöst und Mitglieder der Minderheit nach Rumänien und Bulgarien abgeschoben. Deutschland unterzeichnete im April ein Abkommen mit dem Kosovo. Die Übereinkunft soll die "Rückführung" von bis zu 12.000 Roma und Mitgliedern anderer ethnischer Minderheiten, die keine Aufenthaltserlaubnis haben, in das Kosovo ermöglichen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!