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EU-Parlament will 20 statt 14 WochenArbeitgeber gegen langen Mutterschutz

Das EU-Parlament plant die Verlängerung des Mutterschutzes auf 20 Wochen. Arbeitgeberchef Hundt ist strikt dagegen. Nicht nur wegen des vollen Lohnausgleichs.

Wer trägt die größte Last? Bild: dpa

BERLIN afp | Die Arbeitgeber in Deutschland haben das Europäische Parlament aufgefordert, gegen eine Verlängerung des Mutterschutzes auf 20 Wochen bei vollem Lohnausgleich zu stimmen. "Ich appelliere an die Abgeordneten des Europäischen Parlaments, überzogenen Mutterschutzbestimmungen zu Lasten der Arbeitgeber nicht zuzustimmen, sagte der Präsident der Arbeitgeberverbände (BDA), Dieter Hundt, der Zeitung Die Welt.

Das Votum des zuständigen Fachausschusses im Parlament, den Mutterschutz bei voller Lohnfortzahlung von 14 auf 20 Wochen zu verlängern und einen vollständig bezahlten zweiwöchigen Vaterschaftsurlaub einzuführen, gehe "eindeutig zu weit", sagte Hundt. Die Abgeordneten des EU-Parlaments entscheiden in dieser Woche bei ihrer Sitzung in Straßburg über die Verlängerung des Mutterschutzes. Ziel der Initiative ist der bessere Schutz der Mütter.

Hundt warnte vor den Kosten der geplanten Änderungen des Mutterschutzes. "Die Wirtschaft und die öffentlichen Haushalte in Deutschland würden durch die Neuregelung nach Berechnungen des Fraunhofer Instituts mit 1,7 Milliarden Euro pro Jahr zusätzlich belastet", sagte der Arbeitgeberchef.

Dafür bestehe angesichts des derzeitigen Schutzniveaus keine Notwendigkeit. Der für schwangere Frauen und junge Mütter erforderliche Gesundheitsschutz sei mit der gegenwärtigen Regelung von 14 Wochen Mutterschutz in Deutschland gewährleistet.

Zugleich argumentierte der Arbeitgeberchef, dass die Neuregelung für Frauen sogar Nachteile bringen könne. "Statt die Beschäftigungschancen von Frauen zu verbessern, könnte die Verlängerung der Mutterschutzfrist sogar ein Einstellungserschwernis für Frauen darstellen", sagte Hundt.

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14 Kommentare

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  • M
    Momo

    Ach Philipp,

     

    "Ich bin nicht grundsätzlich gegen einen verlängerten Mutterschutz, allerdings finde ich, dass die gesellschaftlichen Kosten, die dadurch entstehen, in anderen Bereichen besser angelegt wären"....

     

    wo ziehen sie die Grenzen zwischen gesellschaftlichen Nutzen und persönlichen.

     

    Mutterschutz ist eine gesundheitliche Vorsorge für Mütter, richtig und nicht für Sie.

    Wie teuer kann eine kranke Mutter der Gesellschaft werden, haben Sie dies je berechnet.

     

    Mit ihrem Argument hatte schon der JU-Sponti Philipp Mißfelder, Zahnprothesen und künstliche Hüftgelenke für Senioren ab 85 Jahren nicht mehr von den Kassen zahlen lassen wollen.

     

    Es stimmt mich traurig, über was hier diskutiert wird.

    Deutschland ist mit Malta im europäischen Mutterschutz Schlusslicht .

     

    Philipp, liegt es vielleicht daran, dass Männer nicht gebären, keinen Wochenfluss haben, keinen Milcheinschuss kennen ?

     

    Sicher wir können über viele überflüssige Leistungen sprechen, nicht aber bei einer wichtigen Gesundheitsvorsorge.

     

    Übrigens Schweden hatte bisher keinen Mutterschutz, ist aber für eine noch größere Ausweitung eingetreten.

     

    Grund : Schweden hat europaweit die meisten Totgeburten.

     

    (Schweden hat einen 480 Tage dauernden Elternurlaub der 6 Wochen vor der Geburt genommen werden kann -- manche schwangere Frauen hatten sich aber überfordert oder wurden überfordert)

     

    Fehlender Schutz kann zu Überforderung führen und dies kann in Ausnahmen sogar tödlich sein. (dies ist eben keine Zigarettenwerbung)

     

    Hier geht es nicht um eine individuelle Entscheidung der einzelnen Frau, trete ich aus gesundheitlichen Erwägungen etwas beruflich zurück, nein es ist eine gesellschaftliche.

     

    Wie viel Schutz und Sicherheit bin ich bereit einer Schwangeren zu gewähren.

     

    Und wenn dann so ein Hund kommt... …

    und im nächsten Atemzug über zu wenig Nachwuchskräfte jammert...

  • P
    Philipp

    Ich bin nicht grundsätzlich gegen einen verlängerten Mutterschutz, allerdings finde ich, dass die gesellschaftlichen Kosten, die dadurch entstehen, in anderen Bereichen besser angelegt wären. Z.B. eine Erhöhung des Kindergeldes, bessere finanzielle Absicherung Alleinerziehender und/oder Geringverdienender, Finanzierung von Kindergärten und KiTas, usw.(die Liste lässt sich noch um einiges fortführen). Alles Maßnahmen, die ebenfalls Eltern und ihre Kinder unterstützen und in meinen Augen viel drängender sind.

  • KH
    Karin Haertel

    Mutterschutz ist ein Ueberbleibsel aus der Steinzeit. Ein Arbeitger kann mit "trifftigem Grund" bei einer Bundesbhoerde die Kuendigung einer Schwangeren beantragen und das wird auch bewilligt. Dann schau man doch mal in die sonst immer als Vorbild aufgefuehrten USA. Dort gibt es weder 6 Wochen vorher, noch 6 oder mehr Wochen nachher und Kindergeld ist auch ein Fremdwort.

  • V
    VonFernSeher
    Die Abgeordneten des EU-Parlaments entscheiden in dieser Woche bei ihrer Sitzung in Straßburg über die Verlängerung des Mutterschutzes. Ziel der Initiative ist der bessere Schutz der Mütter.

     

    Herzlichen Glückwunsch zum Glanzstück des Tages!

     

    Ihr VonFernSeher

  • US
    Uwe Sak

    Nun ja, hätte jemand von Deutschlands obersten Ausbeuter was anderes erwartet?

  • F
    ffmsahneschnitte

    Toller Kommentar, McMalcom, die Säuglinigs-Sterblichkeitsrate damals war ja auch immens höher als heute, sicher nicht ohne Grund. Ich hoffe, Dein Beitrag war ironisch...

  • N

    je längerer mutterschutz umso weniger konkurrenzfähig sind frauen auf dem arbeitsmarkt. ich sehe keine notwendigkeit für so eine diskriminierende maßnahme, die letztlich frauen von der erwerbsarbeit fernhält mit dem argument der biologie: sie müssten (wovor?) geschützt werden und kinder müsse frau dringend 6 monate stillen.

     

    nicht herr hundt diskriminiert frauen. er sieht das ganze - verständlicher weise - vom wirtschaftlichen standpunkt aus. die diskriminierung liegt im verfestigen der mutterrolle, die für frauen ohnehin eine benachteiligung darstellt, da sie die frauen aus dem erwerbsleben an den herd und in wirtschaftliche abhängigkeit drängt.

  • A
    AlexsZander

    Der letzte Satz des Artikel (von Hundt zitiert) ist ja zynisch. Wenn ein verlängerter Mutterschutz tatsächlich zu einem Einstellungshemmnis für Frauen werden sollte, dann liegt das doch nur an der Frauendiskriminierung der Arbeitgeber, die ja gerade Hundt vertritt.

     

    Vor diesem Hintergrund liest sich dieser "sachliche Einwand im Interesse der Frauen" geradezu als Drohung, die sagt: "Entweder ihr lasst den Mutterschutz bei 14 Monaten oder wir fangen an Frauen (noch mehr) zu diskriminieren."

  • J
    Just

    Selbst 20 Wochen sind noch zu wenig, will man die von internationalen (WHO) und nationalen Gremien empfohlenen Leitlinien zur Stilldauer (mindestens 6 Monate komplett stillen) umsetzen.

     

    Herr Hundt könnte sich doch mit entsprechenden Experten austauschen, ob nicht Geld eingespart werden kann, wenn 6 Monate gestille Kinder später weniger häufig krank sind, weniger das Gesundeitssytem belasten oder auch die Mamas weniger häufg aus dem Arbeitsalltag reißen.

     

    Nach 5 Monaten zurück in den Beruf kehren kann (muss nicht) sehr stressig sein.

  • A
    Adlerauge

    Das verstärkt meinen Verdacht, daß auch der von Zensursula betriebene Ausbau der Kindertagesstätten nicht dem Wohle von Kindern und Familien dient, sondern der Wirtschaft. Kleinste Kinder sollen frühzeitig in Kitas abgeschoben werden, damit die Mutter wieder schnell zum Buckeln kann. Die Kosten zahlt der Staat - Arbeitgeber jubeln.

     

    Jetzt soll tatsächlich mal was FÜR Schwangere und ihre Föten bzw. Säuglinge getan werden - die Arbeitgeber, vorneweg ihr Oberprolet Hundt, jammern und zetern. Merkste was?

  • M
    monochromata

    Es wäre natürlich interessant, zu erfahren, womit das EU-Parlament die Ausweitung des Mutterschutzes begründet. Ich habe selbst keine Kinder und kann daher nicht beurteilen, ob 14 oder 20 Wochen besser sind. Außer in dem Sinne, dass mehr Ruhe nicht schaden kann. Aber ich werde einfach Mal meine Cousine fragen, was sie dazu sagt. Die hat einen kleinen Sohn und kann das Thema beurteilen.

  • U
    Ulli

    Wow ! 20 Wochen Mutterschutz !

    Ich denke nicht das Mütter noch länger als bisher geschützt werden müssen - vor was eigentlich ?

    Mehr Kinder wird es auch damit nicht geben.

    Was ich super fände wären die 2 Wochen Vaterschaftsurlaub. Mein Mann war bei beiden Kindern

    (OK - einmal erst nachdem ich ihm angedroht habe er könne in die Arbeit ziehen) nach der Geburt ein paar Wochen zu Hause und ich habe das sehr genossen.

  • J
    Jurth

    Und wo sind die Argumente FÜR eine Verlängerung des Mutterschutzes? Ein sehr einseitiger Artikel...

  • M
    McMalcom

    Na klar, warum denn mehr Mutterschutz. Im Mittelalter ging es doch auch. Da wurde das Kind während der Arbeit auf dem Feld mal schnell geboren und danach gleich weitergemacht...