EU-Parlament über Musikrechte: 20 Jahre Aufschlag fürs Urheberrecht
Aller Protest von Musikern und Urheberrechts-Kritikern umsonst: Auch das EU-Parlament will die Schutzrechte für Tonaufnahmen verlängern - auf 70 statt 95 Jahre.
Am Ende hat das Europäische Parlament sie alle nicht wirklich erhört. Weder der Politbarde Billy Bragg, die Bandmitglieder von Radiohead, Blur und Marillion, noch Creative-Commons-Gründer Lawrence Lessig mit seinen leidenschaftlichen Appellen konnten die Parlamentarier davon überzeugen, das Copyright für Musikstücke nicht zu verlängern: Das Europäische Parlament hat sich darauf geeinigt, die Schutzfrist für Tonaufnahmen von 50 auf 70 Jahre zu erhöhen.
Es hätte schlimmer kommen können. Denn damit erlischt das Copyright der Urheber und Produzenten an ihrem Werk immerhin ein Vierteljahrhundert früher als von der Europäischen Kommission ursprünglich vorgeschlagen. Die nämlich wollte Leistungsschutzrechte für Musikaufnahmen auf insgesamt stolze 95 Jahre fast verdoppeln - mit dem Argument, dass die Aufzeichnung von jungen Künstler auch noch am Ende ihres Lebens urheberrechtlich geschützt sein sollen.
Kritiker wie Lawrence Lessig und seine "Creative Commons"-Bewegung werfen dem gesamten Gesetzesvorhaben vor, dass es vor allem darum gehe, Plattenfirmen und eine Handvoll alter Popstars zu protegieren.
Dennoch beschloss das Europäische Parlament nun, dass die Plattenfirmen nach dem 50. Jahr der Veröffentlichung den Künstlern daher eine jährliche Vergütung zahlen sollen - 20 Prozent der Einnahmen, die das Label im Vorjahr an der Distribution des Musikerwerks verdient hat.
Das ärgert naturgemäß die grüne EU-Parlamentarierin Eva Lichtenberger, die einen Änderungseintrag einbrachte, der die Position der Musiker stärken sollte. "Über das Votum des Parlaments zum Copyright dürfen sich vor allem die Giganten der Musikindustrie freuen. Die heute beschlossene Verlängerung des Copyrights wird ihnen zusätzliche Milliardeneinnahmen bringen, ohne dass sie dafür einen Finger rühren müssen. Das Nachsehen haben die Künstler und Konsumenten", so die Österreicherin in einer Pressemitteilung.
Der Gesetzesentwurf muss jetzt noch vom Ministerrat bestätigt werden. Allerdings war bei einer Testabstimmung im März die 70 Jahre-Regelung durchgefallen: Vor allem Großbritannien ging ein entsprechender Kompromissvorschlag der tschechischen Ratspräsidentschaft nicht weit genug.
Von den anvisierten Änderungen nicht betroffen ist der Urheberrechtsschutz auf Kompositionen und Liedtexte. Dieser gilt weiterhin bis 70 Jahre nach dem Tod der Urheber.
Musiker Bragg hatte vor der Abstimmung gefordert, Privatnutzer, die Songs über das Internet tauschen, nicht mehr zu kriminalisieren, so der ORF. Die Filesharer-Seite Pirate Bay hingegen würde er gerne schließen - weil dort mit Werbung Geld mit der gratis zur Verfügung gestellten Musik verdient würde.
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