EU-Parlament gegen Rat und Kommission: Streit über Klonfleisch
In deutschen und europäischen Supermärkten darf Milch und Fleisch der Nachfahren geklonter Tiere verkauft werden - ohne Kennzeichnung. Das Europaparlament will das nun ändern.

BERLIN taz/dapd | Es ist nicht wirklich appetitanregend, was sich schon bald in den Kühltheken deutscher Supermärkte stapeln könnte - oder sogar schon stapelt: Filets von schnell wachsenden, weil genmanipulierten Lachsen, Koteletts von gentechnisch veränderten Schweinen oder Milch und Fleisch von den Nachkommen geklonter Kühe.
Um Letztere ist in der Europäischen Union ein heftiger Streit entbrannt, der auch für die deutschen Verbraucher handfeste Konsequenzen haben wird. Setzen sich die Europaparlamentarier nicht gegen Kommission und Rat durch, dürfte künftig weiter Fleisch und Milch von Nachkommen geklonter Tiere in die europäischen Supermärkte kommen - ohne dass die Verbraucher davon etwas mitbekommen.
Dass sich das ändert, dafür kämpft derzeit das Europaparlament: Es will weder das Fleisch geklonter Tiere auf den europäischen Tellern noch das von deren Nachfahren. Dabei geht es nicht in erster Linie um mögliche Gefahren: Dass das Essen geklonter Tiere gefährlich ist, gilt als eher unwahrscheinlich.
Viele Klone sterben früh
Der Hauptkritikpunkt der Klongegner ist ein anderer: Ihnen geht es um Ethik und Tierschutz. Schließlich ist eine nicht unbeträchtliche Zahl von Klonen schwer geschädigt oder stirbt früh. Und auch bei der Geburt von Klontieren kommt es häufig zu Komplikationen. Bei den Nachkommen stellt sich diese Problematik nicht mehr.
"Wer das Klonen ablehnt, muss auch den Import der Nachkommen und des Fleisches ablehnen", sagt etwa der Europaabgeordnete Peter Liese (CDU). Selbst bei den deutschen Bauern ist die Begeisterung fürs Klonen nicht groß: "Es ist schlicht nicht nötig", sagt Bauernverbandssprecher Michael Lohse. Was man mit Klonen erreiche, sei "auch mit konventionellen Zuchtmethoden zu erreichen", sagt er und plädiert für eine klare Kennzeichnung.
Doch es gibt auch Befürworter. Dazu zählen die Züchter, die Klonen auch unter Wettbewerbsaspekten für ein "wichtiges Instrument" halten, um vorhandene Züchtungstechnologien zu ergänzen, wie die deutsche Gesellschaft für Züchtungskunde erklärt.
Einigen sich Parlament und die EU-Mitgliedsländer nicht bis Ende nächster Woche, wird es vorerst keine europäischen Regelungen geben. Dann essen wir auch weiterhin Klonfleisch - und wissen nichts davon.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach der Bundestagswahl
Jetzt kommt es auf den Kanzler an
Wahlsieg der Union
Kann Merz auch Antifa?
Der Jahrestag der Ukraine-Invasion
Warum Russland verlieren wird
Alles zur Bundestagswahl
Oma gegen rechts hat Opa gegen links noch nicht gratuliert
Sieger des rassistischen Wahlkampfes
Rechte Parolen wirken – für die AfD
Wahlniederlage von Olaf Scholz
Kein sozialdemokratisches Wunder