EU-Lateinamerika-Gipfel beendet: Chávez schleimt sich ein
Zum Ende des fünften EU-Lateinamerika-Gipfels handküsst Venezuelas Präsident Bundeskanzlerin Angela Merkel. Diese dementiert Berichte, Chávez eingeladen zu haben.
Der fünfte EU-Lateinamerika-Gipfel ist am Freitag ohne greifbare Ergebnisse zu Ende gegangen. Es sei unverzichtbar, Armut, Ungleichheit und Ausgrenzung zu überwinden, heißt es in der "Erklärung von Lima", die die 60 Delegationen in der peruanischen Hauptstadt verabschiedeten und: "Umweltzerstörung und Klimawandel beeinträchtigen ernsthaft unser Wirtschaftswachstum".
Das Enfant terrible Hugo Chávez zeigte sich von seiner besten Seite. Galant begrüßte er Kanzlerin Angela Merkel, die er vorher dreimal attackiert hatte, mit Küsschen und Händedruck. "Ich hab ihr gesagt: Wenn ich sehr hart zu Ihnen war, verzeihen Sie mir, hier ist meine Hand", schilderte Chávez die Begegnung. Merkel berichtete, Venezuelas Präsident habe gute Erinnerungen an seine Deutschland-Besuche erwähnt, doch entgegen anderslautender Berichte habe sie ihn nicht eingeladen.
Perus Präsident Alan García rief in seiner Schlussrede dazu auf, den "Wahnsinn des Wettrüstens" zu beenden. Die EU forderte er auf, keine Waffen mehr nach Lateinamerika zu liefern. Jene 40 Milliarden Dollar, die 2007 bei Rüstungsgeschäften zwischen beiden Regionen umgesetzt wurden, hätten für die soziale Entwicklung aufgewendet werden sollen.
Die Spannungen in der Andenregion überschatteten auch den Gipfel, denn letzte Woche hatte Interpol sämtliche Dokumente auf beschlagnahmten Computern der Farc-Guerilla als echt bezeichnet. Washington und Bogotá sehen damit die Unterstützung der Rebellen durch Chávez als erwiesen an. Am Samstag traf Merkel zum Staatsbesuch in Kolumbien ein.
Auf dem parallel tagenden "Völkergipfel" kam es zu einem symbolischen Prozess gegen 24 europäische Konzerne, die wegen Umweltverschmutzung, der Ausbeutung von Arbeitern oder des Verkaufs gefährlicher Pflanzengifte verurteilt wurden. "Es wird erst Gleichheit und Gerechtigkeit geben, wenn wir die neoliberalen Regierungen besiegen", rief der bolivianische Präsident Evo Morales vor Zehntausenden auf der Abschlusskundgebung in Lima, "die grenzenlose Industrialisierung macht es unmöglich, die Umwelt zu erhalten."
"Öffentliche Dienstleistungen sind Menschenrechte", sagte Morales und forderte die europäischen Regierungen auf, nicht ihre Wasser- oder Telekomkonzerne zu verteidigen. Die jüngst beschlossene Rückverstaatlichung der Telefongesellschaft Entel, die zuletzt von italienischem und spanischem Kapital kontrolliert wurde, rügte Karl Falkenberg von der EU-Kommission als "extrem unglücklich". Angela Merkel dürfte sich auf ihrem einstündigen Treffen mit Morales ähnlich geäußert haben.
Tags zuvor hatte die Kanzlerin die Initiative ergriffen, die En-bloc-Verhandlungen zwischen der EU und der Andengemeinschaft (Kolumbien, Ecuador, Peru, Bolivien) aufzubrechen. Ecuador und Bolivien hatten eine weitgehende Marktöffnung zugunsten europäischer Firmen, zu der Kolumbien und Peru bereit sind, bislang blockiert. Nun tut es die EU der US-Regierung gleich, die seit dem Scheitern einer gesamtamerikanischen Freihandelszone 2005 auf bilaterale Freihandelsabkommen setzt. Greenpeace-Sprecherin Corinna Hölzel bezeichnete den Gipfel als "vertane Chance". Von der EU hätte sie sich konkrete finanzielle Zusagen für den Urwaldschutz, Maßnahmen gegen den illegalen Holzhandel oder eine Streichung der Beimischungsquote für Agrosprit gewünscht.
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