EU-Kommission wirbt für Eurobonds: Ausgleichszahlungen als Lockmittel
Die EU-Kommission unternimmt einen neuen Vorstoß für Eurobonds. In ihrem "Grünbuch" werden drei Varianten vorgestellt. Angela Merkel ist bisher strikt gegen die Anleihen.
BRÜSSEL afp/dapd | Die EU-Kommission will am Mittwoch mit konkreten Vorschlägen für die Einführung von Euro-Schuldverschreibungen an die Öffentlichkeit gehen. In einem "Grünbuch" der EU-Kommission, in das die Nachrichtenagentur AFP Einsicht nehmen konnte, werden drei Varianten solcher Eurobonds durchgespielt, die von der Bundesregierung in Berlin bislang strikt abgelehnt werden.
Die Befürworter der Eurobonds sehen darin eine Möglichkeit, die Schuldenkrise in der Währungsunion dauerhaft in den Griff zu bekommen. Derzeit zahlen die Euro-Länder unterschiedlich hohe Zinsraten für ihre Staatsanleihen, wegen der Schuldenkrise unter Druck stehende Länder können sich nur unter hohen Zinsaufschlägen neues Geld an den Finanzmärkten besorgen.
Die "wirksamste" Form der Eurobonds bestünde dem "Grünbuch" zufolge darin, die Staatsanleihen der einzelnen Staaten durch gemeinsame Anleihen der 17 Euro-Staaten zu ersetzen. Damit würden Staaten wie Griechenland, Italien oder Portugal die Möglichkeit erhalten, zu weitaus günstigeren Bedingungen als bislang an den Märkten Geld aufzunehmen.
Die zweite Option läge darin, Eurobonds neben den bisherigen Staatsanleihen auszugeben. So würden beide Wege parallel die Möglichkeit eröffnen, staatliche Schulden zu finanzieren. Sowohl die erste als auch die zweite Option würde eine Änderung des Lissabon-Vertrages erforderlich machen. Bislang ist es rechtlich nicht möglich, Schulden eines Einzelstaates zu vergemeinschaften.
Haushaltsdisziplin nicht aushöhlen
Die dritte Option, die in dem "Grünbuch" angesprochen ist, sieht auch die Einführung von gemeinsamen Schuldverschreibungen neben nationalen Anleihen vor. Dabei müsste jeder Staat eine Garantie für den auf ihn entfallenen Schuldenanteil abgeben. Diese Variante würde es laut Kommission ermöglichen, in der "aktuellen Krise" gegenzusteuern, ohne dass die Lissabon-Verträge geändert werden müssten.
In jedem Falle dürfe nichts unternommen werden, die Haushaltsdisziplin auszuhöhlen, heißt es in dem Grünbuch. Den einzelnen Staaten müssten "Bedingungen" gestellt werden, bevor sie sich am System der Eurobonds beteiligen dürften. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) warnte wiederholt vor der Einführung von Eurobonds, weil diese zu Nachlässigkeit im Kampf gegen die Verschuldung führen könnten. Dagegen zeigte sich die Regierung in Paris "mittelfristig" zu einer Einführung von Eurobonds bereit.
Die EU-Kommission räume ein, dass der Zinssatz für Deutschland nach der Einführung von Euro-Bonds höher liege, berichtet die Financial Times Deutschland. Die Behörde wolle daher Ausgleichszahlungen zwischen den Staaten diskutieren, hieß es. Auch sollten die Haushalte der Schuldenländer stärker überwacht werden.
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