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EU-Grüne über Freihandelspläne„Die Schiedsgerichte müssen raus“

Die Freihandelspläne der EU geben Investoren zu viele Rechte, sagt die Europaabgeordnete Franziska Keller. Firmen könnten Umweltgesetze heimlich aushebeln.

Unter strengen Bedingungen hergestellt: europäische Lebkuchenherzen. Bild: dpa
Eric Bonse
Interview von Eric Bonse

taz: Frau Keller, die EU nimmt die umstrittene Freihandelsrunde mit den USA wieder auf. Als Vorbild gilt dabei das kürzlich geschlossene Abkommen mit Kanada. Ist es denn wirklich vorbildlich?

Franziska Keller: Nein. Ich fürchte, hier wurde ein gefährlicher Präzedenzfall geschaffen. Denn das Abkommen enthält das Recht auf Investorklagen. Es erlaubt kanadischen Firmen, vor ominösen, intransparenten Schiedsgerichten gegen EU-Staaten zu klagen (ISDS). Das sehe ich sehr kritisch.

Warum?

Kanada hat ein ähnliches Rechtssystem wie die EU. Warum sollten kanadische Unternehmen das Recht erhalten, gegen demokratisch erlassene Gesetze in Europa vor Privatgerichten zu klagen? Damit internationale Multis die Möglichkeit bekommen, unsere Standards im Umwelt- oder Verbraucherschutz durch die Hintertür zu kippen? Die Kommission konnte uns trotz mehrfacher Nachfrage kein einziges Beispiel nennen, dass europäische Firmen in Kanada Probleme gehabt hätten. Was soll also dieses Klagerecht?

Was ist Ihre Vermutung?

dpa
Im Interview: Franziska Keller

31, studierte Islamwissenschaft, Turkologie und Judaistik. Seit 2009 ist sie Mitglied des Europäischen Parlaments.

Man möchte das nationale Recht aushebeln zugunsten der Profitinteressen von Großkonzernen. Wir kennen das schon aus Ecuador, wo der Staat wegen eines Streits über die Ölförderung im Amazonasgebiet zu 1,7 Milliarden Euro Strafe verurteilt wurde. Auch in Deutschland gibt es bereits Probleme mit Investorklagen. So hat das schwedische Unternehmen Vattenfall vor einem außergerichtlichen Schiedsgericht gegen den deutschen Atomausstieg geklagt. Wenn es recht bekommt, wird der Atomausstieg in Deutschland faktisch ausgehebelt. Das ist doch absurd! Wenn sich Unternehmen falsch behandelt fühlen, sollen sie vor einem normalen Gericht klagen.

Welche Lehren lassen sich also aus dem EU-Abkommen mit Kanada ziehen?

Eine Lehre ist schon jetzt, dass das ISDS raus muss. Über 50 Prozent der ausländischen Direktinvestitionen in der EU kommen aus den USA, zudem sind die US-Konzerne sehr klagefreudig. Das gibt Ihnen vielleicht eine Vorstellung von dem, was mit Investorklagen made in USA auf uns zukäme. Übrigens sieht das auch die Bundesregierung kritisch. Außerdem brauchen wir mehr Transparenz. Verhandlungen in Hinterzimmern können nur schiefgehen, das hat schon das Scheitern von Acta gezeigt.

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4 Kommentare

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  • Die USA sind über die Positionen und Strategien der Europäer sehr gut informiert - NSA sei Dank. Grosse Wirtschaftsunternehmen haben Einblick in die Detailentwürfe. Vor der Bevölkerung und selbst den Parlamentariern bleiben jedoch die Verhandlungen geheim.

    Ein demokratischer Staat darf so nicht verhandeln. Daher sollten die Gespräche sofort abgebrochen werden. Eine Neuauflage sollte nur bei völliger Transparenz und Einbeziehung der Parlamente denkbar sein!

  • F
    Freibeuter

    Steueraffäre um EU-Handelskommissar belastet Freihandelsgespräche

     

    http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/karel-de-gucht-steueraffaere-um-eu-handelskommissar-belastet-freihandelsgespraeche-1.1815513

     

    Das passt wie die Faust aufs Auge.

  • A
    Ameln

    wer sich mit der Struktur der EU sowie den Hintergrundkräften ihrer Gründung und derzeitigen Politik vertraut macht, wundert dieses undemokratische Vorgehen nicht.

  • I
    Investorkratie

    Hilfe, wir werden amerikanisiert!