EU-Finanzhilfen: Portugals Ruf nach Rettung wird lauter
Regierung in Lissabon fürchtet eine politische Krise wegen ihrer harten Sparmaßnahmen. Sie erwägt nun doch, EU-Finanzhilfen anzufordern. Vor gut einer Woche klang das noch ganz anders.
BRÜSSEL/LISSABON afp/rtr | Für Portugal könnten nach Ansicht der Regierung in Lissabon internationale Finanzhilfen notwendig werden. Eine politische Krise wegen der harten Sparvorgaben der Europäischen Union könnte ein Rettungspaket notwendig machen, sagte Finanzminister Fernando Teixeira dos Santos am Montag in Brüssel.
Zur Begründung sagte er, dass nach seiner Ansicht eine politische Krise den Zugang Portugals zu den internationalen Finanzmärkten erschweren würde. Diese treibe das Land "in die Arme ausländischer Hilfen". Damit zog ein Vertreter Portugals erstmals öffentlich Finanzhilfen in Betracht.
Die konservative Opposition hatte mit hartem Widerstand gegen weitere Sparmaßnahmen der sozialistischen Minderheitsregierung in Lissabon gedroht. Noch vor gut einer Woche bekräftigte Portugal bei einem Gipfeltreffen der Finanzminister der Euro-Länder, keine Unterstützung aus dem Euro-Rettungsfonds beantragen, sondern sich trotz hoher Zinsen weiter am Finanzmarkt mit Geld versorgen zu wollen. Kurz zuvor hatte das hoch verschuldete Land weitere Sparmaßnahmen angekündigt. In der Vergangenheit waren Griechenland und Irland aus Mitteln des Rettungsschirms unterstützt worden.
Erst am Samstag hatten erneut tausende Menschen gegen die Sparvorhaben der Regierung protestiert. Allerdings nahmen an der Kundgebung im Zentrum der Hauptstadt Lissabon bei weitem nicht so viele Bürger teil wie in der Vorwoche, als etwa 200.000 Teilnehmer gezählt wurden. Organisiert wurde der Protest von der Dachgewerkschaft CGTP. Die Politik der Regierung werde das Land ins Chaos stürzen, sagte Joao Antonio Marques, der an der Kundgebung teilnahm. "Die Politik dieser Regierung ist die Politik der (deutschen) Kanzlerin (Angela) Merkel. Das ist Europa für die Reichen", erklärte der 67 Jahre alte Rentner.
In Portugal liefern sich derzeit Minderheitsregierung und Opposition ein Kräftemessen um das Sparpaket. Die Regierung plant unter anderem Rentenkürzungen und Einschnitte im Gesundheitssystem. Damit soll das Haushaltsdefizit auf 4,6 Prozent der Wirtschaftsleistung gesenkt werden. Die Maßnahmen sollen das Vertrauen am Finanzmarkt und bei den anderen Euro-Staaten stärken.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!