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ERNEUERBARE ENERGIENBürger gegen den Wind

Initiativen protestieren gegen die neue Windparks in Brandenburg. Umweltschützer betrachten die Einstellung der Initiatoren mit Skepsis.

Sie drehen sich und drehen sich und drehen sich ... Bild: ap

Mehr als hundert Bürgerinitiativen aus mehreren Bundesländern wollen am heutigen Samstag vor dem Brandenburger Tor für eine stärkere Reglementierung der Windkraft demonstrieren. So fordern die Beteiligten unter anderem einen Mindestabstand von anderthalb Kilometern zwischen Windrädern und Ortschaften sowie mindestens zehn Kilometer Abstand zwischen mehreren Windparks.

"In anderen Bundesländern gibt es genau die gleichen Probleme wie bei uns in Brandenburg", sagt Thomas Jacob, Gründer der "Volksinitiative gegen die Massenbebauung Brandenburgs mit Windindustrieanlagen". Er selbst ist nach eigenen Angaben seit einem Dreivierteljahr betroffen - durch einen Windpark in drei Kilometer Entfernung. "Das ist eine Landschaftszerstörung ohnegleichen", findet Jacob. Andere Unterstützer der Initiative würden über Schlafstörungen und Panikattacken, die sich besserten, sobald sich die Betroffenen von den Windrädern entfernten.

Die "Volksinitiative", ein Zusammenschluss von 18 Bürgerinitiativen aus Brandenburg, hatte im vergangenen Jahr über 20.000 Unterschriften an den Landtag in Potsdam geschickt. Der befasste sich daraufhin mit den Forderungen, lehnte das Ansinnen im Kern aber ab - die Forderungen der Initiative widersprächen dem Energiekonzept der Landesregierung. Auf ein Volksbegehren habe die Initiative verzichtet, da der Erfolg in dem Flächenland zu unwahrscheinlich sei, so Jacob. Nun hoffe man auf politisches Gehör. Kohle- und Atomkraft sieht die Initiative nicht als Alternative: "Wir brauchen Ressourcenschonung und Konsumverzicht", sagt Jacob. So müsse der Energiebedarf radikal gesenkt werden.

Axel Kruschat, Brandenburger Landesgeschäftsführer des Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND), sieht das Ansinnen der Initiative mit gemischten Gefühlen. "Es gab in Brandenburg Anfang des Jahrzehnts schon einen Wildwuchs an Windkraftanlagen", sagt er. Der sei aber mittlerweile beseitigt - durch die Ausweisung sogenannter Windeignungsgebiete. "Daher kanalisiert die Initiative das Engagement der Leute auch an die falsche Stelle", kritisiert Kruschat. Zuständig für die Ausweisung der Flächen für Windkraftanlagen sei eben nicht der Landtag, sondern die Kommunalpolitik. "Darüber hinaus werden auf der Website der Initiative Argumente aufgefahren, die nachweislich falsch sind." So verlinke die Seite unter anderem zu einem Text, der einen Einfluss von Kohlendioxid auf den Klimawandel abstreitet. Jacob bestätigt das: "Wir glauben, dass CO2 nicht in dem Maße zum Klimawandel beiträgt, wie es von Regierungskreisen verbreitet wird." Die Forschungsergebnisse des Weltklimarats hält er für "gefälscht".

In dem Konflikt um die Windkraftnutzung regt BUND-Geschäftsführer Kruschat an, die Regionalplanungsgemeinschaften, die die Windeignungsgebiete ausweisen, demokratischer zu gestalten. Eine Stärkung der Bürgerbeteiligung in den Planungsgemeinschaften gäbe mehr Menschen die Gelegenheit mitzuwirken. "Das ist aber eine Frage, die nicht nur Windräder, sondern alle technischen Anlagen betrifft, die Anwohner beeinträchtigen können."

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1 Kommentar

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  • JM
    Jutta Maurer

    Als Einwohnerin im Brandenburger Norden, kann ich die Aussage von Herrn Axel Kruschat, Landesgeschäftsführer des BUND nicht bestätigen. Fakt ist, dass auch weiterhin aufgrund von noch nicht rechtskräftigen Windeigungsgebieten im Jahr 2007 Genehmigungen erteilt wurden. Im Jahr 2009 erfolgten weitere Genehmigungen obwohl das Gebiet bereits nicht mehr im aktuellen Windeignungsgebiet liegt. Ebenfalls wurden die zu diesem Zeitpunkt bereits gültigen Abstandsempfehlungen von 1000 m nicht eingehalten. Die Gemeinde selber war gegen

    die Errichtung und führte sogar einen Prozess. Es ist dem Land Brandenburg mit seinen Politikern herzlich egal wie es den Anwohnern dabei geht oder was deren Meinung ist. Es gilt meiner Meinung nach hier einzig und allein der Profit sowie die politische Präsenz in der angeblich so fortschrittlichen Technologie und als Bundesland gegenüber anderen zu glänzen.

    Fledermäuse sind bereits in diesem Gebiet verschwunden - zerschreddert? - die Kraniche die auf ihrem Weg hier immer für zwei bis drei Tage Rast gemacht haben, sind letztes Jahr komplett weggeblieben und in diesem Jahr nur noch vereinzelt aufgetaucht.

    Die Lärmbelästigung ist für die direkten Anwohner unerträglich und es wird immer wieder von Schlaflosigkeit, ansteigende Fälle mit Bluthochdruck sowie Konzentrationsschwierigkeiten berichtet.

     

    Also, als direkt Betroffene kann ich nur alle Menschen davor warnen, in die direkte Nähe von Windkraftanlagen zu ziehen, eine Immobilie zu bauen oder einem Bau dieser Anlagen zuzustimmen

     

    Mit freundlichem Gruß

    Jutta Maurer