ENDE DES SOMMERS : Lütkebohmert tippt
So war der festliche Teil des Sommers vorübergegangen. Jeden Tag hatte man irgendwann die Wohnung verlassen und gesagt: „Tschüß, liebe Katze, ich muss wieder Fussball gucken“. Spätabends oder in der Nacht war man schwankend zurückgekommen. Mal hatten die einen, mal die anderen gewonnen, verschiedene Teams (darunter die Japaner) hatte man toll gefunden. Bis zum Achtelfinale hatte man souverän unter dem Namen des verstorbenen Schalker Mittelfeldspielers Aki Lütkebohmert die Tippgruppe angeführt. Dann waren „Bertie“, „Stefanescu“ und all die anderen an einem vorbeigezogen, der Traum von einer neuen Jeans war geplatzt, und man hatte ein paar Tage geschmollt.
In der Hitze war mir meine Kleidung oft unpassend vorgekommen; meist endete ich in einem graublauen T-Shirt aus den 90ern, auf dem ein kleiner Smiley klebte, den B. mal gemalt hatte, als er noch acht gewesen war. Beim Argentinienspiel hatte ich ein T-Shirt angehabt, dass mir die argentinische Exfreundin vor acht Jahren geschenkt hatte. Nach dem Spiel hatte ein junger Mann seinen Kopf in die Tür des Club49 gesteckt und laut „geile Scheiße“ gerufen. Wahrscheinlich hatte er erwartet, dass wir nun „geile Scheiße“, „wie geil ist das denn“, „olé, olé, olé“ oder dergleichen antworten würden. Wir waren aber nur leicht pikiert, und der „Geile Scheiße“-Rufer war dann wieder gegangen.
Nach dem Spiel hatte Lena aus Buenos Aires geschrieben, „ja, ja, ihr habt jut gespielt. :-(“, ich hatte geantwortet, mein Weltmeistertipp sei Argentinien gewesen, das Spiel hätte meinen Tipprundentriumph verhindert. Sie hatte darauf geantwortet: „Ach, ihr komplizierten Deutschen.“
Am Sonntag ist der Sommer zu Ende. Ich fühlte mich wie ein Handtuch, das im Sommerwind auf einem Balkon herumhängt. Aber ich war ja auch betrunken, vom Gras ganz weggedichtet und ohnehin schon fast am Weggehen. DETLEF KUHLBRODT