EMtaz: Antoine Griezmann: Das gallische Hühnchen
Kein französischer Club wollte ihn, alle sagten: zu klein, zu leicht, zu wenig. Nun antwortet Antoine Griezmann seinen Kritikern.
Es ist kein echter Jubel, den er da zelebriert. Nach dem Strafstoß, nach dem eins zu null. Ein Trab, kein Tanz. Er wackelt mit dem Kopf, spreizt Daumen und den kleinen Finger, führt die Arme nah am Oberkörper hoch und runter. Es ist die verschämte Variante eines Tanzes. Ein Tanz, der im Grunde keiner sein will.
Giezmann ist im Spiel so: Kein großes Trara, keine Sperenzchen, kein Drumherum. Das Motto von Olympique Marseille – droit au but, geradewegs zum Tor – hat keiner in der französischen Mannschaft so verinnerlicht wie Griezmann.
Das ist deswegen ironisch, weil Olympique Marseille ihn in jungen Jahren nicht wollte. Kein französischer Club wollte ihn, alle sagten: Zu klein. Zu leicht. Zu wenig. Das wird nichts.
Dann kam ein Scout aus Spanien und nahm ihn mit zu Real Sociedad. Und weil er tatsächlich klein war und leicht, nannten sie ihn pollito, das Hühnchen.
Die Elf der EMtaz
Dort wurde er, was er jetzt ist: einer der gefährlichsten Konterstürmer der Welt. Inzwischen spielt er bei Atletico und hat in der Liga während zwei Saisons 44 Tore gemacht.
Es entsprach der damaligen Philosophie des französischen Verbands, kleine, leichte, wendige Spieler nicht auszubilden. Griezmann, hieß es, kann das nicht. Der kann sich nicht einfach zwischen Ball und Gegner stellen wie ein Straßenpoller, der kann im Kopfballduell nicht den Gegner niederrammen.
Doch Fußball gilt als toleranter Sport, weil sich alle Konstitutionstypen entfalten können. Dafür ist Griezmann, der schmächtige junge Mann in einer Mannschaft voller Raumfahrzeuge, ein schlagender Beweis.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Schwedens Energiepolitik
Blind für die Gefahren