EINWEG-VERPACKUNGEN: DAS NEUE PFAND PRODUZIERT MEHR MÜLL : Die Industrie ist die Verantwortung los
Das klingt gut für die Umwelt. Allen Widerständen zum Trotz hat sich Umweltminister Jürgen Trittin durchgesetzt und die Pfandpflicht zum 1. Oktober auf fast alle anderen Einwegverpackungen ausgeweitet. Gegen das jetzige Dosenpfand hat sich die Industrie erst vehement gewehrt, dann beugte sie sich ihm und verständigte sich widerstrebend auf ein bundesweit einheitliches Rücknahmesystem.
Doch mit Trittins Novelle dürfen sich die Abfüller und -packer freuen. Denn jetzt beginnen sich die teuren Rücknahmeautomaten erst richtig zu lohnen. Mehr noch: Trittin belässt zwar eine Mehrwegquote von 80 Prozent, die er statt bisher 72 Prozent der Industrie als Mindestvorgabe für ein echtes Recycling abverlangt hat. Aber er verzichtet auf Sanktionsmöglichkeiten. Jetzt können wieder Dosen ohne Ende in die Regale gestellt werden. Das neue Pfand bedeutet Mülltrennung im Supermarkt, nicht aber weniger Abfall. Das rot-grüne Projekt Mehrwegsteigerung droht zu scheitern.
Noch ist es nicht so weit. Noch zieht das Pfand, weil es unbequem ist. Sei es, weil der Verbraucher merkt, dass auch Dosen die Umwelt belasten, sei es, weil es so lästig ist, sie zurück in den Laden zu bringen. Der Handel hat die billigen Blechbüchsen zum Teil ganz aus den Regalen genommen. Regierung und Umweltverbände freuen sich gleichermaßen. Gleich nach der Einführung des Pfands schnellte die Mehrwegquote nach oben.
Das aber kann sich schnell ändern. Ab Oktober dürfen die Dosen in jeden Laden mit Rücknahmeautomat gebracht werden. Platt gedrückt, und einfach weg damit – für die Kunden gibt es dann keinen Unterschied mehr zwischen Mehrweg und Einweg. Wie im pfanderprobten Schweden könnte die Mehrwegquote dann unter 50 Prozent sinken. Theoretisch kann es nun auch bei uns so weit kommen – ohne Druckmöglichkeiten hat Trittin kein Instrument mehr, das Umsteigen auf umweltfreundlichere Verpackungen zu betreiben. Allenfalls bleiben ihm Kampagnen, um die Verbraucher zu sensibilisieren. Die Industrie darf sich freuen: Steht das Rücknahmesystem, ist sie jede weitere Verantwortung los. HANNA GERSMANN