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Archiv-Artikel

EINFACH UNAMERIKANISCH – WIE GEORGE BUSH DIE FOLTER IM IRAK ERKLÄRT Oh, sorry

Entschuldigungen sind im Politischen in Mode gekommen. Die PDS hat sich zum Beispiel für den Mauerbau entschuldigt, Bill Clinton für die Sklaverei. Der Wille, verursachtes Unrecht irgendwie mit einer Geste zu reparieren, mag ein an sich begrüßenswertes Fortschreiten der Moral anzeigen – das Ergebnis ist indes mehr als zwiespältig. Allzu oft haftet der Entschuldigung etwas Unverbindliches an. Je größer das Unrecht, umso unangemessener wirkt sie. Überdies steht sie zu Recht im Verdacht, als Ersatz zu dienen. Wer keine Konsequenzen ziehen oder Opfer entschädigen will, greift zur Entschuldigung. Die kostet nichts – und hilft im besten Fall auch noch, Moral-Kapital zu akkumulieren.

George W. Bush hat die wenig ruhmreiche Geschichte der politischen Entschuldigung um eine originelle Variante bereichert – die Entschuldigung, die ihr Gegenteil meint. Bush hat beim Treffen mit dem jordanischen König Abdullah II. bemerkt, dass ihm die Demütigungen, die irakische Gefangene erdulden mussten, Leid tun. Ein seltsamer Adressat: Warum richtet Bush diesen Satz nicht an die irakischen Gefangenen selbst, sondern an König Abdullah II., den Regenten eines Nachbarstaates? Offenbar weil Abdullah II. der treueste Verbündete der USA in der Region ist – und sich Bush davon politischen Geländegewinn verspricht. Zudem fasst Bush in seiner Rede entschlossen die erfreulichen Seiten der Affäre ins Auge – nämlich dass der Irak sich glücklich schätzen kann, dass dort US-Soldaten Freiheit und Frieden verteidigen und damit „die edelsten der edelsten US-Bürger, die Mut, Freiheitsliebe, Mitgefühl und Anstand“ verkörpern. Die Folterpraxis? Einzelfälle. Bedauerliches menschliches Versagen, das im Übrigen unamerikanisch ist. So klingt kein Eingeständnis eines fundamentalen Fehlers, so klingt die Selbstversicherung, dass alles in Ordnung ist.

Die Bush-Rede ist ein Paradebeispiel für die Bigotterie des Entschuldigungswesens. Sie dient dazu, mit Moralgeklingel zu vertuschen, um was es geht: die systematische Folterpraxis der US-Armee. Not tut lückenlose Aufklärung darüber. Genau dies will Bush verhindern. STEFAN REINECKE