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Archiv-Artikel

EINE BROSCHÜRE FÜR EINWANDERER VERÄRGERT DIE VERBÄNDE DER MUSLIME Regelmäßiges Waschen ist typisch flämisch

VON RUTH REICHSTEIN

Nebensachen aus Brüssel

Der belgische Nationalist Bart de Wever ist immer für eine Überraschung gut. Der im vergangenen Jahr frisch gewählte Bürgermeister von Antwerpen hatte sich damals eine Schlankheitskur verordnet und war kaum wiederzuerkennen, als er mit dem Wahlkampf begann: Einst dicker Lebemann, ist er bis heute schlank und rank und joggt regelmäßig. Chapeau! Aber was er und seine nationalistische Partei N-VA seit ihrem Einzug ins Rathaus von Antwerpen auf die Beine gestellt haben, macht doch eher Angst – vor allem den Einwanderern.

Die Liste ist lang. Hier nur zwei Beispiele einer durchaus fragwürdigen Integrationspolitik: Der Integrationsminister von Flandern hat eine Broschüre aufgelegt, bei deren Lektüre sich einem die Haare aufstellen. Ihr offizielles Ziel: Eine bessere Integration von Zugezogenen. Besonders an Einwanderer aus den Maghreb-Staaten richtet sich das kleine Heft. Auf bunten Seiten wird erklärt, dass Flandern ein sauberes und diszipliniertes Land sei. „Wir wohnen in Häusern, nicht auf der Straße“, ist da zu lesen. Außerdem gehe man verantwortungsbewusst mit seinem Müll um und entsorge ihn nicht einfach auf öffentlichen Plätzen. Regelmäßiges Waschen sei ebenfalls „typisch flämisch“.

Zu Recht laufen die Verbände von Muslimen in Flandern Sturm. Sie halten das Blättchen für keine gute Nachhilfe, empfinden es eher als Beleidigung. Und nun hat die neue Antwerpener Stadtregierung ihren nächsten mehr als erstaunlichen Vorschlag aus der Wundertüte gezaubert: De Wever will die Einschreibegebühr für Zuwanderer erhöhen. Bisher kostet die Anmeldung in der belgischen Hafenstadt knapp 20 Euro. Wenn es nach den Wünschen von Bart de Wever geht, soll diese Gebühr nun aber steigen – und zwar auf 250 Euro. Der Stadtrat hat dem Plan zugestimmt. Angeblich seien die Kosten für die Verwaltung tatsächlich so hoch, erklärte de Wever. Der Preis sei durchaus angemessen. In anderen EU-Ländern liege die Gebühr noch um einiges höher.

EU-Bürger werden von der neuen Regel ausgenommen. Sonst würde die N-VA gegen EU-Verträge verstoßen. Ausnahmen gibt es auch für Studenten. Bleibt trotzdem ein unguter Beigeschmack: Es sieht so aus, als würden sich die Befürchtungen der Kritiker von De Wever bestätigen und die einst so offene Weltstadt Antwerpen entwickelt sich langsam zu einer Festung des flämischen Nationalismus.