EIN PROTEKTORAT KANN DAS KOSOVO AUF DAUER NICHT BLEIBEN: Fauler Kompromiss
Seit dem Einmarsch der internationalen Friedenstruppen im vorigen Sommer hat das Militär im Kosovo zahlreiche zivile Aufgaben bewältigt. Vor allem die deutschen Truppen in Prizren haben sich dabei vom Schulbau bis zur Verbesserung von Straßen, bei der Entwicklung eines Justizwesens bis hin zu Koordinierung der Hilfsorganisationen hervorgetan. Das ist auch das Verdienst des scheidenden Kommandeurs der KFOR-Truppen, des deutschen Generals Klaus Reinhardt.
Die zivile UN-Administration hat ebenso wie die internationale Polizei erst in den letzten Monaten Fuß gefasst. Beide sind auf die Hilfe des Militärs angewiesen. Fest steht, dass der zivile Wiederaufbau ohne den Schutz des Militärs nicht zu gewährleisten ist. Die militärische Präsenz allein verhindert den Ausbruch neuer Kämpfe. Das Militär bietet den Rahmen für den zivilen Wiederaufbau und den Aufbau einer demokratischen Ordnung.
Fest steht aber auch, dass das Militär seine zivilen Funktionen nach und nach den zivilen Institutionen übergeben muss. Eine politische Rolle des Militärs brächte mittelfristig zu viele Gefahren: Das Vorgehen der französischen Truppen in Mitrovica, die zeitweilig für die serbische Seite Position bezogen, hat die Gefahren gezeigt.
Der derzeitige Kompromiss über die Zukunft des Kosovos, die Provinz einerseits als Teil des serbischen Staates zu definieren und andererseits ein internationales Protektorat aufzubauen, ist aber langfristig kaum tragfähig. Der Kompromiss verschärft die Spannungen zwischen den Volksgruppen, weil er beiden Seiten, Serben wie Albanern, die Hoffnung lässt, ihre Interessen durchzusetzen. Er verhindert die Demokratisierung. Ein frei gewähltes Parlament mit 90 Prozent Albanern würde als Erstes die Unabhängigkeit fordern – von allgemeinen Wahlen ist denn auch nicht mehr die Rede. Mit einer solchen Politik ist ein Gegensatz zwischen Bevölkerungsmehrheit und internationalen Institutionen programmiert. Weitsichtige Militärs fordern deshalb eine Entscheidung in der Statusfrage. Denn das Militär, nicht die Politiker, müssten bei Unruhen den Preis bezahlen. ERICH RATHFELDER
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