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Archiv-Artikel

EDITH KRESTA ÜBER DIE PRÄSIDENTSCHAFTSWAHL IN TUNESIEN Die Macht der alten Männer

Tunesien hat einen neuen Präsidenten. Damit ist der vier Jahre dauernde Demokratiesierungsprozess abgeschlossen. Tunesien ist nun eine parlamentarische Republik mit besonderen Vorrechten des Staatspräsidenten in der Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik.

Im Stil der alten Eliten hat der 88-jährige Caïd Essebsi das Auszählungsergebnis der Stichwahl gar nicht erst abgewartet, sondern sich gleich zum Sieger erklärt. Er ist der Mann der Reichen und Mächtigen, 50 seiner 89 Abgeordneten im neuen Parlament werden mit dem RCD, der alten Partei des gestürzten Präsident Ben Ali, in Verbindung gebracht. Essebsi ist ein gestandener Politkader, der schon unter Ben Ali mitregierte. Seine Erfahrung verspricht Kompetenz, vor allem aber den soft return zu alten Machtverhältnissen, die mit der Revolution erschüttert wurden. Politisch und wirtschaftlich werden von ihm keine neuen Impulse erwartet. Er steht für die Stabilität des Alten. Eine Stabilität, in der die wirtschaftliche Lage so labil war, dass die Jugendlichen im Januar 2011 für Würde und Arbeit auf die Barrikaden gingen. Den Arbeitslosen, den Jugendlichen ohne Perspektive, die die Initialzündung zum Sturz des Diktators gaben, hat er nicht viel zu bieten.

Die jungen TunesierInnen fühlen sich von einer alten Politikerkaste nicht gehört und ausgeschlossen. „Der eine ist zu alt, der andere verrückt“, war der häufigste Kommentar zu den beiden Präsidentschaftskandidaten. Moncef Marzouki, der Übergangspräsident und Gegenkandidat, wurde von vielen nicht gewählt, weil er als Mann der Islamisten gilt. Der Menschenrechtler und linke Aktivist ist aber auch als unberechenbar und egomanisch verschrien. Man vertraut ihm nicht. So erfolgreich Tunesien demokratische Strukturen aufbaute, die gesellschaftlichen Strukturen und die alten Männer sind geblieben.

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