EDITH KRESTA UNGARN, DIE EU UND DER TOURISMUS : Imagepflege
Prag glänzt, und Budapest putzt sich heraus. Zumindest an der Oberfläche. Etwa im Königsschloss Gödöllo, zirka zwanzig Kilometer von Budapest entfernt, das nun zur EU-Ratspräsidentschaft Ungarns ab 1. Januar einer der wichtigsten Schauplätze sein soll. Das repräsentative Schloss, in dem die österreichische Kaiserin Sissy heimlich den Grafen Andrassy empfing, wurde aufwändig renoviert und wird auch nach der EU-Ratspräsidentschaft als touristisches Juwel vermarktet werden.
Sissy ist immer gut fürs Image. Denn das politische Image Ungarns ist angekratzt. Das Land ist von der Wirtschaftskrise gebeutelt. Die Zahl der Obdachlosen, die den touristischen Glanz Budapests stören, wächst. Viele, die sich großzügig Kredite besorgt hatten, fürchten den sozialen Abstieg. An dieser Angst mästen sich die Rechtsextremisten der erfolgreichen Jobbik, die mit 17 Prozent im Parlament vertreten ist, eine offen antisemitische und rassistische Partei, die im Windschatten von Ministerpräsident Viktor Orban segelt. Der Chef des nationalkonservativen Fidesz regiert das Land seit April dieses Jahres. Am unbeliebtesten unter diesen neuen Machthabern sind die Roma.
Rassismus und Nationalismus machen sich nicht gut für eine Ratspräsidentschaft. Die Ungarn punkten daher mit anderen Themen: beispielsweise mit der Donau-Strategie – der nachhaltigen Zusammenarbeit der Anrainerstaaten bei der Schifffahrt, der Sicherheit versus Menschenhandel und Migration und dem Wasserschutz.
Rassismus und Nationalismus machen sich auch nicht gut im Tourismus, der das Land mit fröhlicher Zigeunermusik vermarktet. Ungarns wichtigster Bodenschatz sind über tausend heiße Quellen, das wichtigste Exportgut der Gesundheits- und Bädertourismus. Seit dem EU-Beitritt 2004 erstatten deutsche Krankenkassen sogar Behandlungskosten für Kuren und Zahnersatz.
Zum Glück hat Liselotte Pulvers Piroschka-Kitsch dem Land unverrückbar ein Gesicht gegebenen. Dieses Image wird auch der unappetitliche Rechtsruck zumindest für uns Deutsche nicht entzaubern, solange es Gulasch und Strudel gibt.