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Dynamische Führungskräfte gesucht

■ ... bitte nicht jünger als fünfzig Von Christina Gottschall

Hermann Rauhe, Präsident der Hochschule für Musik und Theater, standen die weißen Haare zu Berge. Das Gesicht des 66jährigen Musikprofessors glänzte vor Begeisterung und Tatendrang, als er die von ihm gegründete Initiative „New Generation“ vorstellte und damit dem unerträglichen Jugendkult, den die Medien Tag für Tag zelebrieren, den Kampf ansagte.

Fakt ist: Die Gruppe der 50- bis 70jährigen wächst schnell. Und diese neue Generation der Menschen über fünfzig möchte nicht mehr nachmittags den Pudel spazieren ziehen und dann mit den Freundinnen Diabetikerkuchen verspeisen. Viele der über Fünfzigjährigen gehören schon zu der Generation, die alternative Wohn- und Lebensformen ausprobiert hat, und nun weder bei der nachmittäglichen Hans Meiser-Show verzweifeln noch im Kirchenkreis Weihnachtsstickereien zaubern möchte. Und sie verfügen über Geld, Lebenserfahrungen, Reiselust und Tatendrang. Die Idee von „New Generation“ ist, das kreative Potential zu fördern, bestehende Strukturen zu vernetzen und ein eigenes kulturelles Profil für diese Gruppe zu entwickeln.

Am vergangenen Dienstag präsentierte der sportbegeisterte Professor Raue das New-Generation-Konzept VertreterInnen von Sportvereinen und Verbänden. Die haben aufgrund erheblicher Nachwuchsprobleme hauptsächtlich ältere Mitglieder und eine lange und verstaubte Tradition, die sich nicht zuletzt in der vereinsmeiernden Mentalität der Mitglieder niederschlägt. (So wurde dann auch zuerst gefragt, ob man denn die Nationalhymne wieder singen dürfe.) „Da werden Welten aufeinandertreffen“, sagt Bernd Lange-Beck fröhlich. Der Geschäftsführer des Verbandes für Turnen und Freizeit (VTF) möchte sich auf dieses Abenteuer einlassen und mit dem VTF die Schnittstelle zwischen Sport und Kulturorganisationen werden.

Viele Anzeichen sprechen jedenfalls dafür, daß diese Bevölkerungsgruppe der „50 plus“ schon bald ein eigenes kulturelles Profil entwickeln wird. „New Generation“ könnte seinen Teil dazu beitragen, den Tatendrang der Älteren zu fördern.

Das tut vielleicht nicht bei allen not. Meine Mutter zum Beispiel weilt gerade mit ihrer Freundin in Sri Lanka, und wir Töchter machen uns ernsthaft Sorgen, was die beiden das nächste Mal vorhaben – selige Zeiten, als Mütter noch im Gemeindehaus glücklich häkelten.

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