Durchs Dröhnland: Eine dunkle Freude
■ Die besten, schlechtesten, wichtigsten und überflüssigsten Konzerte der Woche
Ganz besonders hartnäckig am Leben halten sich ja alle schwarzgewandeten Auswüchse, die gern unter dem Label Gothic zusammengefaßt werden. Bei unseren düsteren Freunden hat sich in letzter Zeit zwar eher der Hang zum elektronisch generierten Klang durchgesetzt, aber die alte Schule in der Tradition zum Beispiel der Sisters of Mercy hält sich wacker.
Ganz in diesem Sinne hantieren auch die Berliner Sepulcrum Mentis, die zwar den angesagten Schritt mit mehr Mut zum Metal getan haben, denen aber zum vollständigen Glück noch der Sänger mit der richtigen leichenbitterbösen Stimme fehlte.
Das Problem löst heute abend Jyrki Virtanen, seines Zeichens Stimmbandquäler bei den finnischen Marktführern Two Witches und wohl gerade zu Besuch bei den Kumpels. Die erste Häfte werden Sepulcrum Mentis mit eigenem Material bestreiten, danach kommen mit Virtanen am Mikrophon die eher elegischen Werke von Two Witches zur Aufführung, die – so sollte man annehmen – sicherlich eine gewisse Hardrockisierung erfahren werden. Dazu nöhlt Virtanen dann an seinen Polypen vorbei, daß es eine dunkle Freude ist.
Am 15.7. um 22 Uhr im Knaack, Greifswalder Straße 224, Prenzlauer Berg.
Die guten Plätze in den U-Bahn-Gängen sind rar und nicht mietfrei, so wird es den Straßenmusikanten langsam wohl zu heiß. Die Australierin Sarah Asling befindet sich denn auch nicht in Ozon-Gefahr, aber weniger schwitzig als im Freien wird es im Schoko- Laden wohl nicht werden, auch wenn Asling selbst dazu kaum beiträgt. Die akustische Gitarre wird bezupft, dazu erzählt sie uns einen und bemüht sich um die nette Melodie für den Refrain. Joan Baez kann das auch nicht besser, aber hat Millionen damit verdient.
Heute abend um 22 Uhr im Schoko-Laden Mitte, Ackerstraße 169/ 170
Ten Colors einzig als den wöchentlichen Gute-Laune-Tip zu verhackstücken, wäre wohl nicht gerecht. Das Sextett aus Leipzig spielt einen, ja, was eigentlich, aber so was von auf der Höhe der Zeit, daß man fast erschauert. Die – laßt uns das Wort benutzen – multikulturelle Zusammensetzung mit Musikanten aus dem Jemen, Mosambik, Kenia und Deutschland garantiert hier einen recht irrwitzigen Stilmischmasch. Es dominiert ein unerhört schnell gespielter Off-Beat, der vom Ska zwar die Geschwindigkeit, aber vom Reggae die Eleganz geerbt hat. Aber es finden sich auch Funk, geschmeidiges Rapping und kurze Blitze aus der Bandbreite ethnischer Musiken. Das Ganze macht gute Laune, definitiv, kann den anspruchsvollen Tänzer ebenso verzücken wie den weniger Begabten und ist vor allem Sommermusik. Und wir reden hier nicht von „Sunshine Reggae“ oder ähnlichem Bullshit.
Am 16.7. um 22 Uhr im Franz, Schönhauser Allee 36/39, Prenzlauer Berg.
Jazz aber ist nicht unbedingt das Genre, das den Weg vom fünften Kontinent auf die andere Seite des Erdballs findet. Dale Barlow dagegen ist schon ganz schön rumgekommen in der Musikwelt. Der Tenorsaxophonist hat gespielt mit Charlie Haden, Chet Baker, Roy Haynes und wurde 1989 Mitglied von Art Blakey's Jazz Messengers. Und nicht nur das: Als Studiomusiker hat er gearbeitet für Wham und Bryan Ferry, aber auch für Style Council und Ian Dury. Mit seiner Band Wizards Of Oz spielt er einen wohltemperierten, sehr melancholischen Jazz, der von den sanften Melodien von Barlows Saxophon dominiert wird. In der akademischen Spielweise fällt der (schon wieder fast unvermeidliche) Einsatz des Didjeridoo um so mehr auf. Auf Platte taucht es zwar nur sporadisch auf, aber verleiht den fast übercoolen Kompositionen zugleich eine obskure Leichtigkeit und bedeutungsschwangere Schwere. Beim Live-Konzert dürfte das Instrument der Aborigines allerdings mehr Platz einnehmen, weil Jana Wirri ihren festen Platz in der Fünferbesetzung hat.
Am 18.7. um 21 Uhr im Tränenpalast, Reichstagsufer 17, Mitte. Thomas Winkler
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