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Durchs DröhnlandEin Exotenbonus?

■ Die wichtigsten und überflüssigsten Konzerte der kommenden Woche

The Coventry Automatics hört sich doch irgendwie nach einem Techno-Projekt an. Dabei war das der Name einer allseits beliebten Ska-Band, bevor sie sich in Specials umbenannte. Mit dem Two-Tone-Original von Ende der 70er und Anfang der 80er haben die Specials, die mit ausgiebigen Tourneen versuchen, sich die Rente zusammenzustöpseln, allerdings nicht mehr viel zu tun. Die kreativ Verantwortlichen, Sänger Terry Hall und Keyboarder Jerry Dammers, sind längst nicht mehr dabei, und die Auftritte der aktuellen Specials beschränken sich fast ausschließlich auf die Reproduktion des Guten- Laune-Ska aus den ersten Jahren und klammern die avancierten Jazz- und Agitprop-Ausflüge der späten Specials aus.

6. Potsdamer Ska-Festival mit Specials, Bim Skala Bim, Regulators und Mothers Pride am 7. 7. und Pioneers, Arthur Kay, Intensified und Ventilators am 8. 7., jeweils ab 18 Uhr Open Air im Lindenpark, Stahnsdorfer Straße 76-78, Potsdam

Eine Leidenschaft für A-cappella verbindet komischerweise Menschengruppen, die es unter normalen Umständen nicht im selben U-Bahn-Waggon aushalten würden. Liegt es nun daran, daß Stimmen immer noch das Persönlichste sind, was Musik zu bieten hat, oder daran, daß reine A-cappella-Stücke immer noch Exotenbonus genießen? In den Charts finden sie sich indes meist nur, wenn ein vorhandener Hit ohne Instrumente noch einmal interpretiert wird.

The Bobs aus San Francisco doo-woopen sich nun schon 14 Jahre durch die Geschichte der populären Musik und haben dabei kaum etwas ausgelassen, ob nun naheliegende Opfer wie die Beatles, Donovan, Leonard Cohen oder die Coasters. Doch sie machen auch vor Cream, Led Zeppelin oder den Talking Heads nicht halt. Selbst unser friedlich ruhender Freund Jimi Hendrix ist nicht vor ihnen sicher, und spätestens hier scheitern die Bobs mit ihrem Konzept, die Arrangements nicht klassischen A-capella-Vorstellungen unterzuordnen, sondern die im Original verwendeten Instrumente und gespielten Soli nachzuahmen. Was sich dann bei „And the Wind Cries Mary“ und dem Versuch, eine durch ein Wah-Wah gejagte Gitarre zu imitieren, irgendwie ganz und gar nicht richtig anhört. Zumindest nehmen sie sich nicht allzu ernst dabei.

Die Bobs glänzen zum einen mit penetranter technischer Raffinesse, die sie andererseits auch dazu verwenden, die Originale durch den Kakao zu ziehen. Wesentlich konservativer lassen die Mint Juleps ihre Stimmen durcheinanderpurzeln. Die sechs Frauen aus London, deren Bandname für ein typisches englisches Mixgetränk aus Whisky und frischer Minze steht, versuchen sich an Marvin Gaye, Jackie Wilson und den Isley Brothers, wildern aber nicht nur in altbekanntem Soul und R&B, sondern suchen auch Reggae und Gospel heim.

Am 10. und 11. 7., 20 Uhr, Passionskirche, Marheinekeplatz 1-2, Kreuzberg

Eigentlich nicht so recht in diese Rubrik passend, aber wegen des Autors großer Leidenschaft für Trash aller Sorten, soll die Jim Rose Circus Sideshow an eure Herzen gelegt werden. In Seattle stationiert, hat Jim Rose Attraktionen um sich gesammelt, die jeder Beschreibung spotten. Da gibt es den armenischen Gummimann, der seinen Körper durch einen – wenn auch unbesaiteten – Tennischläger windet, da werden Käfer gegessen und Glühbirnen verspeist, Menschen als Darts- Zielscheiben mißverstanden, aber auch ganz klassische Zirkusvergnügungen wie Messerwerfen aufgeführt – Hauptsache, es ist gefährlich.

Der gute Rose hatte schon einen Prozeß mit dem Rasenmäherhersteller Flymo am Hals, weil eines ihrer Produkte in einer Nummer verwendet wurde, die die Firma als „unverantwortlich, vor allem wenn Kinder zusehen“, einstufte. Für die neue Tour verspricht der Chef sogar: „We've got more thrills, chills and doctor's bills.“ So zum Beispiel soll „chainsaw rugby“ gespielt werden, mit Kettensäge anstatt eines Balles. Dazu meint der Chef: „Ich weiß, wir würden jedes Rugby-Team in Australien schlagen. Ich denke, die sind die besseren Athleten, aber ich kenne mich besser mit Kettensägen aus.“

Am 12. 7., 21 Uhr, Huxley's Jr., Hasenheide 108-114, Neukölln

Wenn die Simple Minds sich dumm und dämlich verdienen dürfen, warum dann eigentlich nicht Truth About Brian? Deren Gitarrenwände sind mindestens so elegisch, ihre Texte voll klassischer Klischees, und zudem haben sie ein paar gut abgegriffene Melodien in eingemotteten Kisten gefunden in ihrem Übungskeller, den sie nach Eigenaussage allzu gerne und ständig mit sommerlicher Frischluft vertauschen. Breitwandrock, wo selbst an Streichern nicht gespart wird.

Am 13. 7., 22 Uhr, Franz, Schönhauser Allee 36-39, Prenzlauer Berg

Fast so etwas wie eine Berliner Super Group sind Church of Confidence. Als ehemalige Mitglieder von Stone, Cold & Crazy, Freygang, Dead Facts, KGB oder Lüde und die Astros, hat man reichlich Erfahrung gesammelt. Die sehr unterschiedlichen Vergangenheiten münden hier in einen versierten Hard Rock, der solide daherstompt, ohne durch Überraschungen oder Innovationen zu glänzen, sich aber dafür sympathischerweise auch jeder zeitgeistigen Beflissenheit verweigert. Direkt aus dem nächstbesten Keller kommt dafür der unverschämt schmucklose Punkrock von Mudhouse Crisis. Sie selbst nennen es Rock 'n' Roll und haben ja auch nicht unrecht damit. Als Provinzausgabe von Green Day und geübt im Umgang mit den „unzähligen Kombinationsmöglichkeiten von Dreierakkorden“, steht ihnen eine fröhliche Karriere bevor.

Am 13.7., 22 Uhr, Duncker, Dunckerstraße 64, Prenzlauer Berg, Eintritt frei! Thomas Winkler

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