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Durch den Cyber-Kiez

Eine neue CD-Rom verspricht Orientierung auf der Reeperbahn – einschließlich des notwendigen Insider-Vokabulars  ■ Von Silke Langhoff

Na, schon länger nicht über die Reeperbahn gezogen? Die ein-schlägigen Etablissements immer gemieden und den „König von St. Pauli“ verpasst? Macht nichts: Insider-Einblicke in die Kiez-Kultur gibts jetzt auch am heimischen Computer: Mit dem ersten multimedialen Hamburger „Reeperbahn (Ver-)Führer“ auf CD-ROM wollen fünf Jungunternehmer der Multi Media Factory GmbH (MMF) männliche und weibliche Neugier auf einen Besuch der sagenumwobenen Straße wecken.

Der virtuelle Kiez-Bummel startet in der Spielhalle „VegasWorld“. Anschließend gehts ins Bayrisch Zell. Die echte Kiez-Show beginnt im „Dollhaus“: Unaufgefordert von lästigen Animier-Herren und ohne sich in Unkosten zu stürzen, lässt sich hier ein Blick auf die Table-DancerInnen riskieren. Auch die anderen großen Sex-Lokale gewähren großzügig Fleischbeschau: Szenen wie aus dem „König von St. Pauli“ oder einem beliebigen „Tatort“, der im Milieu spielt. Und das hat seinen Grund: Hüseyin Dayan, Geschäftsführer von MMF legt größten Wert darauf, dass die CD jugendfrei ist. Schließlich soll sie ab nächster Woche frei im Handel und später sogar an Tankstellen erhältlich sein.

Voyeure, die auf den Menüpunkt „Rotlicht“ klicken, werden enttäuscht sein. Das sich öffnende „Guckloch“ präsentiert keine Peep-Show, sondern ein Textfenster mit Adressen und Kurzporträts unter Stichworten wie Herbertstraße, SM, Bordelle und anderen. Vier weitere Menüpunkten bieten Touri-Tipps: Unter „History“ wird beispielsweise eben diese in sehr knapper Form gegeben, „Sonstiges“ bietet ein wenig Statistik zum Hafen und dem obligaten Fischmarkt-Besuch. Den „Time-Guide“, auf dem zu jeder anklickbaren Stunde des Tages ein „Unternehmungstipp“ erscheint, hat der „Deutsche Playboy“ mitgestaltet. Um 14 Uhr ist ein Gang durch den Alten Elbtunnel angesagt, des Nachts (die im Guide ortsuntypischer Weise bereits um 18 Uhr beginnt) kann man sich ein Eis an der Esso-Tanke kaufen. Wer um 4 Uhr pinkeln muss, richte sich nach der Leuchtreklame Lucullus...

In den Service-Adressen finden sich Mainstream-Discos und Szene-Bars, die laut Dayan nach einem weit gefassten Kriterium „vernünftige Atmosphäre“ ausgewählt wurden. Die Absturz-Kneipe „Clochard“ ist nicht vertreten.

Einen besonderen Service bietet der Luden Duden. Mit dem übersetzten Insider-Vokabular ist jedeR in der Lage, einer gepflegten Konversation unter Kiez-Größen zu folgen. Woher soll der Kölner Tourist sonst auch wissen, dass „Milli-Willi“ einen sehr spendierfreudigen Freier bezeichnet?

Für das, was es sein soll - ein Produkt für die Tourismusbranche - ist die CD so gemacht, dass man eigentlich mit der Maus in der einen und dem Kölsch in der anderen Hand zu Hause bleiben kann.

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