piwik no script img

"Duke Nukem Forever"Der ewige Macho

Es ist das am sehnlichsten erwartete Spiel der Games-Geschichte. 14 Jahre zu spät erscheint "Duke Nukem Forever". Willkommen im Traumland harter Männer!

Lebenszweck der Frau in "Duke Nukem Forever": Vertreter des starken Geschlechts anhimmeln. Bild: promo

Dort wo Männer noch echte Männer sind und die weibliche Bevölkerung aus Babes besteht, da ist das Leben einfach. Alles hat seinen Platz, Stereotypen beherrschen den Alltag. Häkelnde Jungs gibt es hier ebenso wenig wie ungeschminkte Frauen in dicken Wollpullovern. Männer sind kernig, Frauen sexy. Ihr Lebenszweck: die Vertreter des starken Geschlechts anhimmeln. Willkommen im Macho-Traumland! Hier lebt der Obermacho Duke Nukem, der bekannteste männliche Spieleheld aller Zeiten.

Er besitzt gigantische Muskelpakete, hat ein Sprücherepertoire wie aus einem Actionfilm der ganz platten Sorte und wird von leicht bekleideten Frauen umringt. Auf den ersten Blick wirkt der Machoheld wie eine Ansammlung von Klischees und Männerfantasien. Ist er auch. Doch es steckt mehr hinter dem Duke, wie ihn Freunde und Fans nennen. Sein überspitzt dargestelltes Leben ist eine Parodie, die Kultstatus besitzt.

Die "Chinese Democracy" unter den Spielen

Das Erscheinen seines neuen Abenteuers "Duke Nukem Forever" ist ein "großer Moment der Videospielgeschichte", meint Entwickler Randy Pitchford von Gearbox stolz. Spieler diskutieren ebenso darüber wie die Industrie. Das liegt vor allem daran, dass kaum noch jemand mit dem Erscheinen gerechnet hat. Seit der ersten Ankündigung des Spiels sind 14 Jahre vergangen. Normal sind etwa ein bis zwei Jahre. Die längste Spieleentwicklung aller Zeiten wurde von vielen Gerüchten begleitet, eine offizielle Begründung blieb aus. Der jahrelang offizielle Erscheinungstermin "When its done", also wenn es fertig ist, wurde zum geflügelten Wort - und "Duke Nukem Forever" damit zum "Chinese Democracy" unter den Spielen, jenem Album von Guns N Roses also, auf das die Welt legendäre 15 Jahre warten durfte.

"Es gab einen regelrechten Medienrummel, obwohl es so lange Zeit kaum Infos gab. Das Ganze war ein wenig wie bei Bigfoot, ein Mysterium", sagt Pitchford. Auch er hat das Spiel für einen Mythos gehalten, bis er selbst an der Entwicklung beteiligt war und gesehen hat, dass es wirklich existiert. Immer wieder mussten die Entwickler von vorne anfangen, das Spiel der neuen Technik anpassen. 2009 verlor der Geldgeber seine Geduld und verklagte den damaligen Entwickler 3D Realms. Der war pleite. Dann fand sich mit Gearbox ein neuer Entwickler, das Spiel bis Mai 2011 fertigzustellen. Die erneute Verschiebung auf den nächsten Monat: fast obligatorisch.

Jetzt ist es so weit und Duke Nukem vergnügt sich wieder mit knapp bekleideten Babes in seinem Penthouse. Nach seiner letzten Weltrettung genießt er seine Rolle als Superstar und tritt in Talk Shows auf. "Der Duke ist ein guter Junge, riskiert viel für andere. Trotzdem hat er ein gigantisches Selbstbewusstsein. Für ihn ist es wichtig, als Retter der Welt dazustehen, um sein riesiges Ego zu füttern", sagt Pitchford.

Keine Jugendfreigabe

Da kommt es ihm gelegen, dass die Welt wieder mal von Aliens angegriffen wird. Dass sie ausgerechnet die hübschesten Frauen der Stadt entführen, nimmt der regelmäßige Striplokalbesucher und Stehpinkler Nukem persönlich. Deshalb zieht er los, um das Problem zu lösen - also umzupusten. Genretypisch läuft der Spieler in dem Ego-Shooter durch die Levels, erschießt massenhaft Aliens. Alles in Ego-Perspektive. Bei den blutigen Gefechten zeigt sich der Macho ebenso wenig zimperlich wie beim Anmachen virtueller Schönheiten. Deshalb gab es keine Jugendfreigabe für den Titel.

Das Spielprinzip ist traditionell, besitzt eher Retro-Charme als große Innovationen. Trotzdem bringt das überzogene Actionstar-Klischee Spieler immer wieder zum Schmunzeln. Weil es in "Duke Nukem Forever" so konsequent durchgezogen und bis zur Parodie überspitzt wird. Während bei anderen Spielehelden eine Gesundheitsleiste darüber Auskunft gibt, wie viel sie einstecken können, übernimmt diese Aufgabe hier eine Ego-Leiste. Die vergrößert sich durch den Blick in den Spiegel, Hanteltraining oder Erfolge in der Spielhalle. Auch Nukems Sprüche wie "Hail to the King" und "My Job is kicking ass, not make small talk" sind mittlerweile legendär. Die deutsche Übersetzung wirkt allerdings manchmal etwas steif.

Den Granatwerfer bedienen, durch einen Schrumpfstrahl minimiert im Spielzeugauto umherdüsen und zu allem noch einen Spruch reißen: Alltag für den Helden, der ein Buch über seine eigene Großartigkeit geschrieben hat. "Für ihn ist all das überzogen Wirkende völlig normal", sagt Pitchford. "Duke Nukems Welt ist ein übertriebenes Zerrbild der unseren. Und dort ist er die wichtigste Person", sagt Pitchford.

Dankbare Zielscheibe für Kritik

Hinterfragt wird hier nichts, weder das Zelebrieren von Gewalt noch Sexismus oder Hurra-Patriotismus. Zumindest nicht vom Helden. Aber besonders durch das konsequente Ignorieren von Selbstzweifeln und Emotionen bekommt das Spiel stellenweise schon fast gesellschaftskritische Züge. Dabei war eine tiefere Aussage gar nicht Ziel der Entwickler. "Die Spielwelt ist eine Parodie. Wir wollen die Leute unterhalten", sagt Pitchford. Das sehen nicht alle so locker. In den USA stößt das im Spiel dargestellte Frauenbild nicht nur Feministinnen auf. Verständlich, da es sich um leicht bekleidete Schönheiten handelt, die sich dem Obermacho willenlos anbieten und sonst kaum eine Funktion erfüllen. Andererseits ist es schwierig, eine Parodie zu entwerfen, ohne jemanden vor den Kopf zu stoßen. "Das ist doch nur ein Spiel", sagt Pitchford und verweist auf die angeblich existierenden vielen weiblichen Fans der Serie. Wie viele das sein sollen, ist gar nicht zu klären, weil es dazu schlichtweg keine genauen Zahlen gibt.

Duke Nukem ist eine dankbare Zielscheibe für Kritik. Jedwede Political Correctness wird entweder ignoriert, attackiert oder durch den Kakao gezogen. Jedes Klischee wird überspitzt, bis es weh tut, das Spiel ist eine Groteske. Genau das macht den Reiz der 1991 ins Leben gerufenen Reihe aus. Wer sich auf den kindlich albernen bis derb überzeichnenden Humor einlässt, kann viel Spaß haben. Bekommt etwa der eben noch bedrohliche Außerirdische ein Spielzeugauto vor das Schienbein, humpelt er vor Schmerz auf der Stelle und ist erstmal gefechtsunfähig. Der Held macht sich über andere Spiele ebenso lustig wie über die Entwicklungszeit des eigenen Abenteuers, während er "Duke Nukem Forever" spielt.

Duke bleibt Duke

Raul Cantemir gefallen an Duke Nukem wie vielen Fans die Sprüche am besten. Er betreibt seit zehn Jahren die Fanseite www.dnzone.de. Cantemir hält Duke Nukem für den "wohl erfolgreichsten Macho-Helden aller Zeiten". Wodurch er zum Kult wurde? "Ich denke, dass es vor allem die Sprüche sind, die den meisten Spielern in Erinnerung bleiben. Aber ehrlich gesagt kann man Duke Nukem wie so manch anderes Phänomen nicht wirklich erklären."

Für Pitchford liegt das Erfolgsgeheimnis vor allem im Überzogenen und in der Leichtigkeit, mit der der Duke in der komplexen Moderne seine Schwierigkeiten meistert: "Der Duke hat keine Probleme, er rockt einfach und ist immer ein Gewinner. Früher war das ein Stereotyp, mittlerweile ist es ungewöhnlich erfrischend." Etwas weniger erfrischend wirkt da die Technik mit der vergleichsweise schwachen Grafik und langen Ladezeiten in der Konsolenversion. Cantemir meint: "Man sollte nach 14 Jahren Entwicklungszeit kein Spiel erwarten, das optisch das bisher Dagewesene übertrifft."

Hier wird nicht geknobelt und kaum geredet. Traditionelle Ballerei statt neumodischer Spielelemente und Genre-Mix. Der Held ist immer noch derselbe wie in seinem Hit "Duke Nukem 3D" aus dem Jahr 1996. "Der Duke ändert sich nicht. Darauf kann man sich immer verlassen", meint Pitchford. Oder wie Fanseitenbetreiber Cantemir es ausdrückt: "Der Duke ist eben einfach der Duke."

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

8 Kommentare

 / 
  • DK
    Der König :)

    Ich habe den ersten 3d Teil mit Begeisterung gespielt und finde die Fortsetzung ist durchaus gelungen. Der Duke ist so blöd das es schon wieder lustig ist. Die Sprüche sind so platt dass man sich fragt wie ein typ mit einem IQ von unter 10 überhaupt ne Waffe bedienen kann (lach).Es macht richtig spß in einem Spielzeug Auto Gegner anzufahren und kleine Rätsel gibt es auch. Leider fehlt ein Gimmik aus dem alten Teil, das Jetpack, mit dem der Duke über Häuserdächer fliegen kann. Nun ja es sind ja noch 3 DLC (Herunterladbarer Inhalt) geplant. In diesem Sinne:

     

    Hail to the King

  • L
    @lara:

    Sehr guter Punkt!

    Mir geht dieser Trend, den größten Unsinn als "Kult" aufzuwerten und die schlimmsten Mängel als "kultig" zu verklären, auch auf die Nerven. Mich erinnert das immer an diese "ironischen" BILD-Leser. Aber de facto glotzen die Leute dann trotzdem nur Gemetzel-Filmchen und begaffen das "Seite Eins Girl".

  • C
    Christian

    Erstmal ich fand den Artikel richtig gut! Danke.

     

    Zweitens, lieber Johannes. Ich möchte nicht unhöflich erscheinen aber schon Ihr Versuch die Leistungsfähigkeit verschiedener Hardware allein an der Größe der Speicherkapazität fest zu machen disqualifiziert Sie leider.

     

    Hans: heheh

  • H
    hailtotheking

    Nach 10 Stunden wars dann vorbei. Der Duke siegt, bekommt seine Babes wieder und alles gut. Das Spiel wäre wie alle erwartet haben gut gewesen wenn es vor 7 Jahren auf den Markt gekommen wäre, praktisch als "klassicher" Ego-Shooter und Konkurrent für das wegweisende Half-Life das 2004 die nächste Generation der Ego-Shooter gestartet hat.

     

    So fühlt sich DNF arg veraltet an, was nicht nur Nachteil ist, bei all Shooter nach CoD Vorbild in denen man inzwischen mehr Zeit auf einer Kartenansicht und bei der Klassen- und Waffenauswahl verbringt als am wirklichen zocken ist der Duke eine gern genommene Alternative. Die Rätsel beschränken sich auf Granaten in Löcher werfen, der Geschicklichkeitspart nervt nie weil er nie übertrieben lang ist und wer nicht auf piece of cake spielt bekommt auch halbwegs clever agierende Gegner.

     

    Ich denke 90% des Spiels macht der Wiedererkennungswert und der "Charme" des Dukes aus und somit hat das Game durchaus seine Daseinsberechtigung. Und nach 12 Jahren warten und ablenken mit (durchaus auch attraktiven) Klonen wie zuletzt Bulletstorm fühlt es sich richtig gut an den Duke durch sein Abenteuer zu steuern.

     

    Die Opening-Szene mit den beiden leicht bekleideten Damen in eindeutigen Posen (ich sach nur oral unso) haben mich dazu genötigt einen Blick von Wohnzimmercouch Richtung Haustür zu machen um zu schaun ob Freundin kommt. Gerade das hat mich zurückversetzt als ich mit 12 das Spiel heimlich mit meinem Bruder an Papas PC gezockt hab und die hälfte der Zeit mit Wache stehen verbracht habe. Allein für den Flashback bereu ichs nicht den Duke gezockt zu haben. Die ersten Fremdschäm Momente überleben wieder in die Stimmung für den Duke Humor kommen und man kann eine gute Zeit mit dem Spiel haben.

     

    Come get some!

  • JG
    Johannes Gebhard

    An sich ein Guter Artikel, ich mag eure Artikel zum thema Gaming sehr, da sich endlich auch mal eine Tageszeitung ernsthaft mit dem Thema beschäftigt. Danke!

     

    Ein kleiner aber wichtiger Fehler ist dennoch drin, die üblichen Entwicklungszeiten für Spiele sind so um die 3 Jahre, das mit den 1-2 Jahren kam so in den letzten 3 Jahren auf, als gerade EA angefangen hat immer so schnell wie möglich ein Sequel rauszuhauen um viel geld zu verdienen. Da wird dann auch gerne die Alte Technik verwendet, was ja nicht so auffallen soll weil die Konsolen sich seit 5 Jahren nicht mehr weiterentwickelt haben. Ich meine eine Konsole hat z.b. meistens noch 512MB RAM, mit einer 256 MB Grafikkarte, ein mittel-klasse Computer (gaming) hat mindestens 4 GB , also 4096 MB RAM und eine Grafikkarte um die mit 896-1024 MB ram. Bei einem Hochwertigen Gamingcomputer sind das 8 Gigabyte oder mehr RAM und mindestens 1280 MB VRAM (VideoRAM=RAM auf der Grafikkarte) teilweise sogar mehr als 2 GB VRAM oder 3 GB VRAM.

     

    Das schränkt die Grafikqualität ein also niedrigere Auflösungen, niedrigere Texturauflöung, und vor allem Kein Multisampling oder gar Supersampling Anti-Aliasing, alo keine Glättung der 3D-Modell kanten, was den Treppeffekt ergibt.

     

    Viel Stärker wird aber das Gameplay eingeschränkt da die Konsolen auch nur 2 Kern-Prozessoren von 2006 haben, zusammen mit dem wenigen RAM schränkt dass die Levelgröße ein und die Qualität der Spiele-physik. Das bedeutet Lange Ladezeiten und Häufigere Nachladeruckler, ebenso schränkt es die Anzahl der Personen oder z.b. bei einem Rennspiel die Qualität der Fahrphysik ein.

     

    Vor allem aber, schränken der kleine RAM und die Schwachen Prozessoren die Künstliche Intelligenz ein. Weil eh schon die Restlichen Features Beschnitten sind gibt es kaum Leistungsreserven um eine Gute KI zu programmieren, die mit dass wichtigste für ein Glaubwürdiges Spielerlebnis ist. Wesentlich wichtiger als Grafik.

     

    Es ist also nicht wunderlich dass es auf den Konsolen schlecht läuft, das ist als wollte man Duke nukem auf einem 5 Jahre alten PC laufen lassen, probieren sie es mal........

  • L
    lara

    "Parodie, die Kultstatus besitzt".

    sowas gibt es ja leider ganz viel und es gibt leute, die sich ihre regale nur mit sowas füllen, weil sie es eigentlich sehr ernst nehmen.

    Es gibt genügend hollywood-blockbuster und auch tolle "kultfilme" für "kenner" wie die von tarantino, die genau so sind. für mich zeugt sowas von geistiger armut. zum glück nimmt niemand fans solcher produkte ernst :)

  • P
    panettone

    Damn! Those Alien bastards are gonna pay for shootin' up my ride... *durchlad*

    Herrlich, nach all' den Jahren ein Grund, mal wieder ein Game zu kaufen. Was haben wir gedaddelt damals!

  • HW
    Hans Wurst

    „…da es sich um leicht bekleidete Schönheiten handelt, die sich dem Obermacho willenlos anbieten und sonst kaum eine Funktion erfüllen“

     

    WAAS? Die können nicht einmal kochen? …

    Empörend!