piwik no script img

DudelsenderStreit um Funkstille

In Hamburg werden die Radiofrequenzen knapp. Die Folge: Möglicherweise dürfen Delta Radio und Radio Schleswig-Holstein bald nicht mehr aus Hamburg senden.

Der Hamburger Funkturm sendet und sendet - die Frage ist nur, was. Bild: dpa

Die Hamburger Radiolandschaft könnte sich bald radikal verändern: Vergangene Woche hat die Bürgerschaft einen Antrag von CDU und GAL beschlossen, der eine Kündigung des Rundfunkstaatsvertrags mit Schleswig-Holstein in Erwägung zieht. Dann müssten Delta Radio und Radio Schleswig-Holstein (RSH) ihre Frequenzen in Hamburg räumen. Kiel steht unter Handlungszwang - und hat Gesprächsbereitschaft signalisiert.

Für Diskussion sorgen die weit reichenden Frequenzen 93,4 und 100,7 schon seit Jahren. Sie strahlen vom Hamburger Fernsehturm und sind von den schleswig-holsteinischen Sendern Delta Radio und RSH belegt, die so die gesamte Region Hamburg erreichen. Die kleinen Hamburger Sender Oldie 95, Energy und Klassik Radio dagegen können bislang im Umland nur schwach empfangen werden. "Seit Jahren besetzen die schleswig-holsteinischen Sender hier wichtige Frequenzen, ohne dass sie eine Gegenleistung bringen", begründet Farid Müller (GAL) den Antrag der Koalitionsfraktionen.

Ihren Ursprung hat die heutige Regelung in einem Staatsvertrag aus dem Jahr 1995. Hamburg durfte demnach einen Fernsehkanal in Schleswig-Holstein nutzen. Und im Gegenzug platzierte Schleswig-Holstein die beiden Radiosender in der Stadt.

Aber während das digitale Fernsehen längst eingeführt ist, strahlen Delta Radio und RSH noch immer auf den alten UKW-Frequenzen - und die sind heiß begehrt: Nicht nur die lokalen Privatsender schielen nach den Sendeplätzen, die eine größere Zuhörerschaft und höhere Werbeeinnahmen versprechen. Auch die schwarz-grüne Koalition hat Pläne damit.

Sie hat in ihrem Koalitionsvertrag ein "redaktionelles Radio" festgeschrieben, einen Sender mit anspruchsvoller Musik und Moderation. "Sobald eine Frequenz frei ist, wird er ausgeschrieben", sagt Müller. Er hatte bereits die Einrichtung des ähnlich konzipierten Senders "Flux FM" unterstützt, der Musik rund um das Reeperbahnfestival sendete. Aber auch dessen Frequenz war zeitlich begrenzt. Seit Montag ist er nur noch online zu empfangen.

"Fifty-fifty" schätzt Müller nun die Wahrscheinlichkeit ein, dass der Senat den Staatsvertrag tatsächlich zu Jahresende kündigt. Ende 2010 liefe er dann aus. Der Antrag sieht dies bislang nur "nötigenfalls" vor. "Wir halten uns alles offen", sagt Müller. Noch habe Kiel keine Verhandlungsbereitschaft gezeigt.

Dagegen erklärt Dirk Hundertmark, CDU-Sprecher im Landeshaus Kiel, dass es auf jeden Fall Gesprächsbedarf gebe. "Wir werden Verhandlungen führen und hoffen natürlich, eine Kündigung abzuwenden."

Thomas Fuchs, Direktor der Landesmedienanstalt Hamburg Schleswig-Holstein, spricht derweil von einem bloßen "Drohpotenzial" des schwarz-grünen Antrags. Ein Austausch der Sender sei kompliziert, außerdem könnten die Hamburger Sender auch in Teilen Schleswig-Holsteins empfangen werden. "Da gibt es bereits einen gewissen Ausgleich." RSH-Sprecher Martin Hülsmann teilt diese Einschätzung. Hamburg sei bisher gut gefahren, sagt er.

Die Landesmedienanstalt hat im September ein Gutachten in Auftrag gegeben, um nach anderen Lösungen zu suchen. "Denkbar wäre, viele kleine Frequenzen zu einer großen zu bündeln", erklärt Fuchs. Ende November sollen die Ergebnisse erscheinen, bis dahin wartet der Hamburger Senat.

Berichte des Hamburger Abendblatt, nach denen Kiel mit einem Gegenschlag gegen die Hamburger Sender reagieren könnte, bezeichnet Fuchs als "alberne Spekulation". Schon rein technisch ginge das nicht. "Und selbst wenn der Vertrag gekündigt wird, können wir immer noch einen neuen abschließen."

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!