piwik no script img

Dubiose Mails, aber …Einflussnahme gab es nicht

Berlins Sozialsenator Mario Czaja (CDU) wehrt sich gegen Vorwürfe, Flüchtlingsheime verhindert zu haben.

Unter Druck: Sozialsenator Mario Czaja (CDU) Foto: DPA

Sozialsenator Mario Czaja (CDU) hat am Montag im Sozialausschuss des Abgeordnetenhauses alle Vorwürfe zurückgewiesen, er habe zugunsten von Parteikollegen auf die Standortauswahl von Flüchtlingsunterkünften Einfluss genommen (taz berichtete). Bild und BZ hatten Ende Dezember interne Mails des Landesamts für Gesundheit und Soziales (Lageso) sowie eine Mail des Senators an die ihm unterstellte Behörde veröffentlicht, die diesen Verdacht nahelegen.

Demzufolge sollen Christdemokraten versucht haben, Unterkünfte zu verhindern, damit Immobilien von CDU-Politikern in der Nähe keinen Wertverlust erleiden. Die Eigentümer würden gegebenenfalls „entsprechende politische Wege gehen, um dieses Vorhaben zu verhindern“, heißt es dazu in der Mail einer Lageso-Mitarbeiterin an den damaligen Chef der Behörde, Franz Allert. An vielen betroffenen Standorten wurden dann tatsächlich keine Unterkünfte aufgemacht – oder erst nach der Bundestagswahl vom September 2013.

Die Existenz dieser Mails, die aus den Monaten Januar bis September 2013 stammen, bestritt der Senator im Ausschuss nicht. Aber die damit verbundenen Vorwürfe entsprächen nicht der Wahrheit, so Czaja: „Es gab solche Einflussnahme nicht.“ Weder er noch Lageso-Chef Allert seien an Standortentscheidungen beteiligt gewesen. Die fälle allein die zuständige Stelle im Lageso nach „sachlichen Kriterien“. Im April 2013 hatte der Senator Allert in einer Mail geschrieben, es möge auf eine Unterkunft in Lichtenrade verzichtet werden, da der Bezirk Tempelhof-Schöneberg schon überproportional viele Flüchtlinge aufgenommen habe.

Diese Erklärung des Senators sorgte allerdings weniger für Überzeugung, sondern eher für Verwunderung bei der Opposition. Man frage sich, „hat der Mann so wenig zu tun, dass er solche Spaßmails schreibt?“, so die Grüne Canan Bayram. Auch bei Fabio Reinhardt von den Piraten, die das Thema auf die Tagesordnung gehoben hatten, blieben Fragen offen: Warum Czaja denn solche Mails überhaupt schreibe, wenn weder er noch der Adressat Einfluss auf die in Frage stehende Entscheidung hätten?

Die Antworten darauf blieb Czaja schuldig. Offen blieb auch, was es denn vor dem Hintergrund seiner Aussagen mit einem Post des CDUlers Jan-Marco Luczak auf dessen Webseite auf sich hat. Der brüstete sich Anfang Februar 2013 damit, in Sachen Flüchtlingsunterkunft in Lichtenrade „den Senat zum Umdenken gebracht“ zu haben. Der geplante Standort lag im Wahlkreis des Bundestagsabgeordneten.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!