Drygalla als Sportsoldatin: Vorbild fürs Vaterland
Nadja Drygalla ist jetzt Sportsoldatin. Damit sie lernt, wie man mit Nazis umgehen kann, hier ein paar Tipps für die Ruderin.
Die Bundeswehr hat eine neue Soldatin. Nadja Drygalla, die Ruderin des Deutschlandachters, die während der Olympischen Spiele in London in die Schlagzeilen geraten ist, weil es ihr egal war, dass ihr Freund in der Rostocker Neonaziszene aktiv war, wurde in eine Sportförderkompanie der Armee aufgenommen und darf nun zur internationalen Repräsentation ihres Vaterlandes beitragen. Diese ist einer der Gründe, weswegen sich die Bundesrepublik die teure Sportförderung leistet.
„Leistung und Auftreten unserer Spitzensportlerinnen und -sportler sind Ausweis des Ansehens Deutschlands in aller Welt“, heißt es im letzten Sportbericht der Bundesregierung. Damit Drygalla ihrer Vorbildrolle in dieser Hinsicht immer gerecht bleiben kann, wollen wir ihr an dieser Stelle ein paar Tipps geben, die ihr im Umgang mit und in der Einschätzung von Menschen in ihrem persönlichen Umfeld helfen sollen. Es gibt viele Informations- und Beratungsangebote gerade auch für Frauen, die sich fragen, ob ihr Freund Nazi ist, die wissen wollen, wie sie damit umzugehen haben, wenn er einer ist.
1. Google und Co: Die ersten Informationen zum Thema Rechtsextremismus und Neofaschismus lassen sich einfach und anonym mithilfe von Suchmaschinen im Netz erfragen. Voraussetzung hierfür ist indes ein Problembewusstsein, das lange Zeit weder bei Nadja Drygalla noch bei ihrem Verein und dem Deutschen Ruderverband vorhanden war. Ein solches ist auch Voraussetzung für alle anderen hier aufgeführten Angebote.
2. Online-Beratung: Eines der Projekte des Vereins „Gegen Vergessen – Für Demokratie“ ist ein Infoportal, an das sich Ratsuchende online wenden können. Eine lösungsorientierte Beratung findet via Mailverkehr beziehungsweise Einzelchat statt. Vor allem Eltern, die sich um die Gesinnung und das Umfeld ihrer Kinder Gedanken machen, nutzen das Angebothttp://online-beratung-gegen-rechtsextremismus.de. Auch anderen Familienangehörigen oder eben Lebenspartnern von Nazis steht das Angebot offen.
3. Persönliche Beratung: Für die in Rostock trainierende Drygalla ist die RAA, die Regionale Arbeitsstelle für Bildung, Integration und Demokratie (RAA) Mecklenburg-Vorpommern, ein geeigneter Ansprechpartner, auch wenn sie beispielsweise wissen will, ob es tatsächlich stimmt, wenn ihr Freund sagt, er habe mit der Naziszene nichts mehr zu tun. Die RAA steht in Kontakt mit weiteren Organisationen, die die neofaschistische Szene in Rostock beobachtet.
4. Sportspezifische Angebote: Auf der Website „Sport mit Courage“ erhalten junge Sportlerinnen und Sportler – Drygalla ist 23 – Handlungsempfehlungen im Umgang mit Rassismus und Antisemitismus in ihren Vereinen. Auch eine „Toolbox“ gibt es da, mit deren Hilfe man lernen soll, wie man eigentlich Nazis erkennt. Eine Frage die auf der Website geklärt wird, hat sich Drygalla vielleicht auch noch nicht gestellt: „Wie sieht die Rolle der Frau in der rechtsextremen Szene aus?“
5. Persönliches Engagement: Sollte Drygalla ihre Wurstigkeit gegenüber menschenverachtendem Gedankengut aufgeben wollen und sich gegen Naziumtriebe in ihrer Heimat aktiv einsetzen wollen, kann sie sich an den Rostocker Verein „Bunt statt Braun“ wenden. Vielleicht hat sie ja auch Lust, am Ruderhaus ihres Olympischen Rudervereins ein Schild anzubringen, das sich mittlerweile an vielen Geschäftsstellen von Fußballklubs findet: „Kein Platz für Rassismus und Gewalt! Wir machen mit“.
6. Teilnehmende Beobachtung: Wenn sich Drygalla dem kritischen Ansatz verweigern sollte und ihre Kontakte zu Nazis aufrechterhalten will, hat sie sicher die Möglichkeit, ihr Wissen an den Militärischen Abschirmdienst weiterzugeben, der gut vernetzte V-Frauen sicher gezielt einzusetzen weiß. Aber vielleicht ist Drygalla ja längst für Verfassungsschutzbehörden tätig. Das würde zumindest erklären, warum sich Politiker und Behörden so sehr um das Wohl und den Schutz der Ruderin bemühen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Interner Zwist bei Springer
Musk spaltet die „Welt“
Kaputte Untersee-Datenkabel in Ostsee
Marineaufgebot gegen Saboteure
BSW-Anfrage zu Renten
16 Millionen Arbeitnehmern droht Rente unter 1.200 Euro
Deutsche Konjunkturflaute
Schwarze Nullkommanull
Nach dem Anschlag von Magdeburg
Wenn Warnungen verhallen
Psychiater über Kinder und Mediennutzung
„Die Dinos bleiben schon lange im Schrank“