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Druck auf CDU im SaarlandSchulden werden Wahlkampfschlager

Die Schuldenbremse wird zum wichtigsten Wahlkampfthema. SPD und Linke werfen Ministerpräsident Müller vor, sein Einsatz dafür ruiniere das verschuldete Land.

Hat allen Grund, traurig dreinzuschauen: Peter Müller. Bild: dpa

SAARBRÜCKEN taz | Vier Monate vor der Landtagswahl im Saarland sieht alles danach aus, als falle Ministerpräsident Peter Müller sein Engagement für die Schuldenbremse auf die Füße. Müller hatte angekündigt, er wolle sein Land nach den Maßgaben der Föderalismuskommission schuldenfrei machen. Nun weist der von Infratest-Dimap ermittelte Saarland-Trend nur noch 36 Prozent für die CDU aus. Selbst zusammen mit den 9 Prozent der FDP würde es im Herbst für Müller nicht mehr zum Regieren reichen.

Die Oppositionsparteien im Landtag machen längst Front gegen den Regierungschef. Die Berliner Schuldenbremse ist inzwischen das Landtagswahlkampfthema Nummer eins. Müller habe Bedingungen akzeptiert, die das Saarland mit seinem gigantischen Schuldenberg von 10 Milliarden Euro nicht sanierten, sondern "direkt an die Wand fahren" lassen, so Linksparteichef Rolf Linsler.

Dass die vorgesehenen Finanzhilfen "bei weitem nicht ausreichen, um die Haushaltsnotlage im Saarland zu beenden", sagt auch SPD-Partei- und Landtagsfraktionschef Heiko Maas auf Nachfrage. Das Land bekomme jetzt zwar 260 Millionen Euro an Zinshilfen vom Bund und von anderen Bundesländern.

Doch bis 2012 würden die Zinskosten für das Saarland auf 550 Millionen Euro steigen, rechnet Maas vor: "Da fehlen am Ende 290 Millionen Euro." Noch dazu müsse in der Wirtschaftskrise mit weiteren Einnahmerückgängen gerechnet werden. Maas prognostiziert eine Finanzlücke von fast einer halben Milliarde Euro pro Jahr. "Die Schließung von 100 Grundschulen im Saarland durch die Regierung Müller hat gerade einmal 15 Millionen Euro an Einsparungen gebracht", sagt Maas.

Mit der SPD jedenfalls werde es keinen weiteren Bildungsabbau und auch keinen Sozialabbau im Saarland geben. Neue Investitionen könne es dann ohnehin keine mehr geben. Auch das sei zukünftigen Generationen nicht zuzumuten.

SPD und Linke fordern, der Bund und die anderen Länder müssten die Altschulden des Saarlandes komplett tilgen. Schließlich habe das Saarland einen gigantischen Strukturwandel zu verkraften gehabt. Davor hätten alle anderen Bundesländer und der Bund "von Stahl und Kohle von der Saar, vom Fleiß unserer Menschen hier" über Jahrzehnte hinweg profitiert, sagt Linken-Parteichef Rolf Linsler im Gespräch mit der taz: "Jetzt müssen die mal was für uns tun."

Der "Müller-Pit", schimpft der ehemalige Gewerkschaftschef, führe das ganze Land in den Abgrund. Alleine im Bergbau stünden wegen der von Müller befürworteten Grubenschließungen aktuell 10.000 Arbeitsplätze zur Disposition. Dem Saarland werde "das Herz herausgerissen".

"Alles Wunschdenken" heißt es bei der Union. Die Finanzspritze von insgesamt 2,34 Milliarden Euro habe er alleine ausgehandelt, sagt Müller. Andere Bundesländer hätten gar nichts bekommen. Die Schuldenbremse sei notwendig, um den "Marsch in den Schuldenstaat" zu verhindern und künftige Generationen zu entlasten. Müller warnt: Sollte der Landtag die Schuldenbremse ablehnen, werde das Saarland gar nichts kriegen.

Noch hat die CDU die absolute Mehrheit im Landtag - laut Saarland-Trend aber wohl nicht mehr lange. Im Landtag hätten die Parteien links von CDU und FDP rechnerisch eine Mehrheit. Wird dann auch die Schuldenbremse ausgebremst? Heiko Mass, dessen SPD nach dem Saarlandtrend mit 27 Prozent aktuell neun Prozent vor der Linken rangiert, antwortet sibyllinisch: "Wir werden nichts mitmachen, was die Existenz unseres Landes gefährdet."

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