Drohende Pleite: Kein Geld zwischen den Deichen
Schleswig-Holstein nimmt weniger Steuern ein und will dennoch mehr Geld ausgeben. Wie das gut gehen soll bis zur Einhaltung der Schuldenbremse 2020, ist offen.
HAMBURG taz | Das Minus in der Kasse wird größer, damit es kleiner werden kann. Das ist die Leitlinie der Haushaltspolitik in Schleswig-Holstein für die nächsten Jahre, so wie das Kabinett sie am Dienstag beschlossen hat. Es gehe darum, trotz sinkender Steuereinnahmen und steigender Ausgaben den Haushalt so zu konsolidieren, dass ab 2020 die Schuldenbremse eingehalten werden könne, sagte Finanzministerin Monika Heinold (Grüne). Im Klartext: Wenn die Steuern nicht bald wieder reichlich sprudeln, geht das Land zwischen den Deichen pleite.
Im kommenden Jahr wird Schleswig-Holstein nach der aktuellen Steuerschätzung voraussichtlich 162 Millionen Euro weniger einnehmen als bisher angenommen. Die Landesregierung aus SPD, Grünen und SSW beschloss dennoch eine sogenannte Nachschiebeliste zum Landeshaushalt mit zusätzlichen Ausgaben. Deshalb steigt die Netto-Kreditaufnahme um 145 Millionen Euro auf 243 Millionen Euro.
Zu den zusätzlichen Ausgaben gehören unter anderem 53 Millionen Euro für die Lebenshaltung, Unterbringung und Integration von Flüchtlingen. Der dafür veranschlagte Etat steigt somit von rund 100 Millionen Euro um die Hälfte auf rund 153 Millionen Euro. Allein für 125 DeutschlehrerInnen werden im nächsten Jahr 5,7 Millionen Euro fällig. „Wir wollen, dass die Menschen, die zu uns flüchten müssen, nicht nur ein Dach über dem Kopf und einen vollen Teller bekommen. Sie müssen auch die Chance bekommen, sich bei uns in Schleswig-Holstein zu integrieren und dazu gehört unabdingbar der Deutschunterricht“, sagte Ministerpräsident Torsten Albig (SPD).
Zudem wird der Umfang der Investitionen um 40 Millionen auf 729 Millionen Euro erhöht, um weitere Flüchtlingsunterkünfte bereitstellen zu können. Angesichts der niedrigen Zinsen seien nachhaltige Investitionen jetzt sinnvoll, auch wenn die Neuverschuldung dann vorübergehend steige, so die Einschätzung der Koalition.
Der Landtag will den Haushalt 2015 im Dezember beschließen.
Einnahmen: Veranschlagt sind 10,07 Milliarden Euro, 140 Millionen Euro weniger als geplant.
Ausgaben: Sie steigen dennoch um fünf Millionen Euro auf 10,31 Milliarden.
Minus: Das konjunkturbereinigte "strukturelle" Defizit sollte nach dem bisherigen Entwurf um 184 Millionen auf 395 Millionen Euro sinken, jetzt verringert es sich nur noch um 172 Millionen Euro.
Schuldenbremse: Sie gilt ab 2020 - dann muss das Defizit völlig abgebaut sein.
Insgesamt wird der Handlungsspielraum für das Land bedeutend enger. Dennoch hält Heinold daran fest, dass der Haushalt spätestens im Jahr 2020 ausgeglichen sein werde. Die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Eka von Kalben, räumte hingegen ein: „Die Haushaltslage fängt an zu kippen.“
Dennoch wolle die Koalition in der zweiten Hälfte der Legislaturperiode mehrere große Themen abarbeiten. Dazu zählten ein Klimaschutzgesetz, ein Konzept für den demografischen Wandel und die Umsetzung der Inklusion in den Schulen.
Am heutigen Mittwoch gibt Albig im Landtag eine Regierungserklärung zur Halbzeit der Legislaturperiode ab. Der Oppositionsführer, CDU-Fraktionschef Daniel Günther, sprach am Dienstag bereits von „schweren Versäumnissen der Landesregierung in wichtigen Politikfeldern“ wie Infrastruktur, Hochschulen und innere Sicherheit.
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