Drogen im Görli : Gras soll raus aus dem Park
Die Polizei nimmt die Dealer im Görlitzer Park ins Visier. Der grüne Bezirksbürgermeister hat eine andere Idee: einen Coffeeshop. Das findet durchaus Zuspruch.
Der Görli ist in aller Munde, mal wieder. Als „Drogenumschlagplatz“ füllt die Kreuzberger Parkmulde das mediale Sommerloch. Der Innensenator Frank Henkel (CDU) springt bei und verspricht einen „hohen polizeilichen Aufwand“ gegen dortige Dealer. Nun bekommt die Debatte eine neue Wendung. Die Grünen bringen eine weniger repressive Lösung ins Spiel, um den Drogenverkauf aus dem Görlitzer Park zu holen: einen Coffeeshop.
„Eine kontrollierte Verkaufsstelle für weiche Drogen in der Nähe des Parks würde sicher eine bessere Situation schaffen, als wir jetzt haben“, sagt Franz Schulz, der Ende Juli aus dem Amt scheidende grüne Bezirksbürgermeister. Die Idee sei von Anwohnern an ihn herangetragen worden. „Bemerkenswerterweise nicht nur von Verfechtern einer liberalen Drogenpolitik“, betont Schulz, der den Vorstoß unterstützt. Mit einem Coffeeshop gebe es eine feste Anlaufstelle für Konsumenten, Parkbesuchern blieben Dealer und Polizeirazzien erspart, argumentiert er. Der Grüne räumt allerdings auch ein, dass dafür momentan die gesetzlichen Grundlagen fehlen (s. Kasten). „Der Vorschlag ist sympathisch, aber noch fehlt ihm die Realisierungschance.“
Zuletzt hatten sich Parknutzer über die gesteigerte Zahl an Drogendealern im Görli beschwert, die dort im Sommer vermehrt anzutreffen sind. Wiederholt kam es zu Gewalttätigkeiten unter Verkäufern, auch ein junger Parkbesucher wurde angegriffen. Die Polizei reagierte mit verstärkten Razzien, zuletzt am Donnerstag. Nur: Wenig später sind die Dealer stets wieder da.
„Die Razzien bringen wenig“, sagt Schulz. Auch die Polizei räumt ein: Allein mit ihren Mitteln sei das Problem nicht zu beheben. Im Café Edelweiß, das sich mitten im Park befindet, stellt Betreiberin Katrin Jacob zuletzt eine „gewisse Abschreckung“ fest. „Die Frage ist nur, wie lange hält das an?“ Ein Coffeeshop sei daher „einen Gedanken wert“, findet Jacob. Die Nachfrage im Park würde damit eingedämmt. Nur zweifelt auch sie an der Durchsetzbarkeit. Und gibt zu bedenken, dass im Park auch harte Drogen gehandelt würden.
Camilla Nilson, die auf dem Kinderbauernhof im Görlitzer Park arbeitet, würde die Idee Coffeeshop „persönlich befürworten“. „Um dem Handel hier dauerhaft die Grundlage zu entziehen, wäre das die einzige Möglichkeit.“ Die Ausgabe der weichen Drogen müsste aber genau kontrolliert werden.
Auch im Bezirksamt findet der Vorstoß Widerhall. Sozialstadtrat Knut Mildner-Spindler (Linke) kritisiert die derzeitige Görli-Debatte als „zu ordnungspolitisch geführt“. Die Coffeeshop-Idee sei daher „ganz interessant“. „Wenn es dafür einen Weg gibt, würde ich mich nicht verschließen.“ Allerdings sei zu fragen, so Mildner-Spindler, welche Sogwirkung ein einzelner Coffeeshop entfalten würde. „Es bräuchte wohl eher eine deutschlandweite Legalisierung, und dafür scheint mir die Stimmung noch nicht reif.“
Die Linkspartei hatte bereits 2011 eine bundesweite Einführung von „Cannabis-Clubs“ gefordert. Diese würden als Verein funktionieren und ihren Mitgliedern Cannabis zum Eigenbedarf ausgeben. Der Vorschlag wurde im Bundestag von CDU, FDP und SPD abgelehnt.
Stadtrat Hans Panhoff (Grüne), zuständig für die Bezirks-Grünflächen und auch den Görli, äußert sich skeptisch. „Unter den jetzigen gesetzlichen Rahmenbedingungen wird das nicht funktionieren.“ Dass sich ein einzelner Laden gegen den Schwarzmarkt durchsetze, sei unwahrscheinlich. „Erst mit einer generellen Cannabis-Legalisierung ließe sich das lenken.“
Die Piraten in Friedrichshain-Kreuzberg stellen sich dagegen hinter die Coffeeshop-Idee. „Jeden Schritt, der in Richtung einer Cannabis-Legalisierung geht, werden wir unterstützen“, sagte Fraktionschef Ralf Gerlich. Finde sich dafür eine gesetzliche Grundlage, könne er sich ein Pilotprojekt am Görlitzer Park „sehr gut vorstellen“. Dann sei nur darauf zu achten, dass sich „die Polizei nicht gegenüber einniste“ und Anzeigen anfertige.