: Dreimal schuldig - und was nun?
■ Dreimal schuldig und neunmal unschuldig im Prozeß gegen Oliver North
Das Urteil der Geschworenen im Prozeß gegen Oliver North läßt einige erste Schlüsse zu. Einen nannte North-Ankläger Keker bereits, als er das Court House in Washington verließ. Es sei ein Sieg für ihn, daß die Jury mit ihrem Spruch den Grundsatz bekräftigt habe, daß sich niemand über das Gesetz stellen dürfe. Viel mehr Positives dürfte der Staatsanwaltschaft zum Spruch der Geschworenen jedoch nicht mehr einfallen. North wurde nur für die Anklagepunkte schuldig gesprochen, zu denen er sich selbst im Prozeß bekannt hatte oder die einwandfrei durch Dokumente bewiesen waren - eine gefälschte Chronologie und durch den Reißwolf gejagte Geheimpapiere.
Wo es um ansatzweise politische Vergehen ging, befanden die Geschworenen auf „nicht schuldig“. Einer von ihnen bekräftigte im Fernsehen, daß North schließlich nur Befehle befolgt habe. Damit schloß sich die Jury der in den Vereinigten Staaten weitverbreiteten Auffassung an, daß North als Sündenbock angesehen werden muß und daß die wirklichen Verantwortlichen nicht auf der Anklagebank saßen.
Seit zwei Jahren erlebt das Land, wie seine Regierung mit Zähnen und Klauen dagegen kämpft, den wahren Verlauf ihrer geheimen Deals mit dem Iran und ihre Rolle im Marionettenkrieg der Contras gegen Nicaragua offenzulegen. Viele in den USA sind nicht, wie Reagan-Fans im Kongreß behaupten, des Irangate-Skandals überdrüssig, gewiß jedoch der offiziellen Vertuschungsversuche. Reagan, das weiß man nun dank Norths Verteidigern, hat nie die volle Wahrheit gesagt, und auch Bush hat, so einer der beiden Vorsitzenden des Irangate-Ausschusses, noch einige Fragen zu beantworten. Eine Gelegenheit wird er dazu noch lange haben. Norths Anwalt wird gegen den Schuldspruch in drei Punkten Berufung einlegen. Im Herbst wird Norths Vorgesetzter, Admiral John Poindexter, vor Gericht stehen. Reagan und Bush sollten beten, daß sich Poindexter nicht gleichfalls auf Anordnungen Höhergestellter beruft und diese womöglich mit Dokumenten belegt - denn über dem pfeiferauchenden Admiral stand nur noch Reagan selbst.
Stefan Schaaf
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