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Dreieckig, sarkastisch, gut

■ Kurz bevor die Lizenzen auslaufen, widmen Hamburger Kinos Ernst Lubitsch eine Filmreihe

Für einige Ernst-Lubitsch-Filme laufen Ende –96 die Lizenzen aus. Alabama, 3001, Elbe und Metropolis haben also gerade noch rechtzeitig ein „Lubitsch-Special“ angesetzt. Von heute an bis zum 1. Januar 1997 werden vier Spielfilme gezeigt, die der Ex-Berliner in den 30er und 40er Jahren in Hollywood inszeniert hat. Den Auftakt zum Klassiker-Quartett bildet Serenade zu Dritt, eine Ménage a trois zwischen einem Maler, einem Dramatiker und einer Werbezeichnerin. Letztere flüchtet sich in eine ach-so-bürgerliche Ehe, was aber nicht ewig währen soll...

Ein besonderes cineastisches Highlight ist der mitten im zweiten Weltkrieg entstandene Sein oder Nichtsein (USA 1942). Lubitschs politische Satire, die im besetzten Polen spielt, wird neben der deutschen Fassung auch in der englischen Originalfassung gezeigt. Hier geht es um eine Theatergruppe in Warschau, die kurz vor Kriegsausbruch noch ein Anti-Nazi-Stück inszeniert, was aber von der polnischen Regierung vorsorglich unterbunden wird. Nach der deutschen Besetzung spielt das Ensemble abends für deutsche Offiziere Hamlet, während sich die Schauspieler tagsüber im polnischen Widerstand engagieren. Allen voran Bronski (Tom Dugan), der mit einer SS-Uniform aus dem Theaterfundus reichlich Intrigen gegen die Nazis spinnt, gleichzeitig aber auf seine untreue Gattin aufpassen muß...

Sein oder Nichtsein gilt als einer der besten Lubitsch-Filme, wenn- gleich auch kein anderer in der ausgiebigen Rezeptionsgeschichte seines Werkes so gründlich und bitter mißverstanden wurde. Wegen des humorvoll-sarkastischen Umgangs mit dem Nazi-Regime wurde und wird Lubitsch die Verharmlosung des kompletten faschistischen Terrors vorgeworfen. Vielleicht hat erst ein Mel Brooks mit seinem Remake (USA 1983) Lubitschs Vorlage in ihrer Raffinesse und Gewitztheit bestätigen müssen.

Nicht minder sehenswert Lubitschs Komödie Ärger im Paradies (USA 1932), in dem ein Ganovenpärchen eine Industriellenwitwe zu schröpfen versucht. Leider verliebt sich der Dieb in sein Opfer – zum Leidwesen seiner Gaunerfreundin und zu Lubitschs dauerhafte Freude an Dreieckskonstruktionen aus Geprellten, Begehrten und Genießenden.

Rendezvous nach Ladenschluß (USA 1940) spielt im Budapest der 30er Jahre. Zwei Menschen, die einen anonymen Briefwechsel führen, werden – ohne es zu wissen – in einem Geschäft plötzlich zu Kollegen. Eine Kleine-Leute-Komödie, die in ihrem wirren wie ausgetüftelten Vexier-und Versteckspiel eine treffliche Parabel auf gesichtslose Kommunikationstechniken liefert. Klaus RatjeSein oder Nichtsein: 25. Dez., 16 Uhr, Alabama, 30. Dez. und 1. Jan., 22.30 Uhr, 3001, 26.-29. Dez., 18 Uhr, Elbe / Serenade zu Dritt: 26. und 28. Dez., 16 Uhr, Alabama, 26. bis 29. Dez., 22.30 Uhr, 3001 / Ärger im Paradies: 28. Dez., 16 Uhr, Alabama, 20., 21., 23. und 28. Dez., 19 Uhr, Metropolis

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